Was müssen wir heute tun, um einen schnellen Wechsel hinzu 100 % erneuerbaren Energien in „Bürgerhand“ umzusetzen? In einem aus heißen Quellen gespeisten Bad in Budapest konnte ich dazu endlich meine Gedanken sortieren, was in dem hektischen durch Terminvorgaben zersetzten Umfeld nicht gelungen war. Inhaltsfutter zum vorherrschenden Trend hin zur ökonomischen Re-Zentralisierung hatte ich Ende März bei der „Renewable Energy Finance 2015“ eingesammelt. In dieser Veränderung ist eine klare Positionierung mit kurzfristigen und mittelfristigen Zielen notwendig.
Meine Ideen zu strukturellen strategischen Überlegungen will ich hier mit Ihnen diskutieren. Sollten Sie die Auffassung teilen, dann bitte ich Sie um eine aktive Verbreitung der Strategien für Schnelligkeit in der Energiewende.
Die Grünen haben zum Frühlingsbeginn mit dem Szenario „Die neue Stromwelt“ aufgezeigt, dass die Stromwende bereits innerhalb von 20 Jahren Stromwende möglich ist. Die Investitionen dafür sind überschaubar. Der strukturelle Wandel hingegen ist atemberaubend. Nach der berühmten „Energiewende“ brauchen wir gar einen vollständigen „Energiewechsel“ weg von atomar-fossilen Quellen (abschalten) hinzu erneuerbaren Energien samt der Anpassung an die naturgesteuerten unendlich verfügbaren Energieträger. Dagegen sind die Betreiber der abzuschaltenden Kraftwerke aus ökonomisch rationalen Gründen.
Für Schnelligkeit müssen Füße von den Bremsen
Hiermit unterstelle ich einen klaren Zusammenhang zwischen dem ökonomischen Interesse am verlängerten Betrieb von Kohlekraftwerken und der Reform des EEG aus dem Jahr 2014. (Eine erneute Verlängerung der Atomkraftwerke würde dem politischen Machterhalt widersprechen.) Bremsen sind;
- der Deckel der Zubaumenge regenerativer Energien (Ausbaukorridor),
- die Besteuerung des selbstverbrauchten Solarstroms ab 10 kWp
- die Verunsicherung durch ständige Reformen
- und die Verkomplizierung der Rahmenbedingungen.
Unabhängigkeit von Bremsern entzieht Akzeptanz des Bremsens
Wer Bremsen lösen will darf diejenigen, die sich für das Verzögerern einsetzen, nicht akzeptieren, sondern muss ein beschleunigendes Momentum aufbauen. Eine kontrabeschleunigende Akzeptanz wird in finanziellen Abhängigkeiten von Bremsern erzeugt. Bremser sind auch die Betreiber atomarer und fossiler Kapazitäten. Ebenfalls sind es diejenigen, die von den vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsketten profitieren. Diese am Bremsen interessierten Unternehmen sind letztlich nur die ausführenden Vehikel derjenigen, die dort ihr Kapital investiert haben.
Auf der politischen Ebene ist die Abhängigkeit von konventionellen Energieträgern aufgrund der hervorragenden Vernetzung der alten Energielobby noch immer besonders stark. Zum Glück sind wir Energieblogger keine Politiker, sondern Menschen die ihre Gedanken teilen.
- entziehen Sie der atomar-fossilen Energiewirtschaft Kapital
- erzeugen Sie keine Akzeptanz für Bremser
- nur durch eine hohe und unabhängige Akteursvielfalt kann ein beschleunigendes Momentum geschaffen werden
- unterstützen Sie Marktzugänge für Alle durch Einspeisetarife / Marktprämien für erneuerbare Energien
- unterstützen Sie Marktzugänge für Alle auch beim Strommarktdesign mit dem Hybridstrommarktmodell
Beschleunigung entsteht durch unabhängige Akteure
Nur von der alten Energiewelt unabhängige Akteure können ein Interesse an der Beschleunigung der Energiewende haben. Deshalb ist die „Bürgerenergie“ eine Strategie zur Beschleunigung der Energiewende. Dies ist auch bei jedem anderen (größeren) Geldgeber der Fall, solang keine wirtschaftliche Verflechtung mit atomar-fossilen Energien besteht. Jedoch sind nur die Ersteren in der Lage, auch das Thema der sozialen Nachhaltigkeit und der Gerechtigkeit zu bearbeiten. Mittelfristig ist es deshalb wichtig, dass wir uns auch für die Investitionschancen kleiner Akteure einsetzen. Dies fördert ebenfalls die notwendige Akzeptanz für den auch in der Außenwelt sichtbaren Wandel der Infrastruktur. Investitionshemmnisse sind:
- Ausschreibungen, welche die Akteursvielfalt für Kleine zerstören
- Planungsunsicherheit durch unabsehbare Rahmenbedingungen
Das gegenteilige Interesse ist die Re-Zentralisierung, bei der nur große Akteure eine ernstzunehmende Chance auf dem Energiemarkt haben. Es geht um die Sicherung von Marktanteilen und dem Zugang zu dem künftig nötigen Know-how. Wenn beispielsweise RWE bei Conergy eine Minderheitsbeteiligung kauft oder E.ON Solar-Whitelabel über Stadtwerke mit akzeptablen Ruf vertreibt dann sichert dies Marktanteile. Diese Tendenz sehe ich indirekt auch bei der Investition des Abfallverbrenner MVV-Energie bei Windwärts und JUWI, da dort die Betreiber Rheinenergie und EnBW vermutlich für eine gewisse Zeit bremsen und sich derweil Marktanteile und Know-how sichern.
In derartigen Konstellationen ist eine langsame Energiewende machbar, bei der möglichst lang noch fossile Energieträger das Klima belasten. Immerhin wird so bereits ein Teil der nötigen erneuerbaren Energien und Infrastruktur gebaut. Für einen schnellen und vollständigen Energiewechsel hingegen muss von außen ein zusätzlicher Impuls über die Ziellinie tragen. Nur durch einen äußeren Druck können Energiekonzerne samt Beteilligungsstruktur eines Tages sauber werden. Von außen heißt, dass es die Betreiber kaum freiwillig selbst tun werden. Wie kann dieser äußere Impuls gesetzt werden?
So nutzen wir die Chancen der Re-Zentralisierung – im Fahrersitz!
Die unterstellte politische Begünstigung großer Strukturen hat für die Betreiber atomar-fossiler Kraftwerke einen selbst gemachten Nachteil.
Es gibt in dieser Welt viel Geld neutraler großer Unternehmen. Für die Bürgerenergie allein sind die politischen Rahmenbedingungen ein Sargnagel, der nur wehmütige Rückblicke und den Betrieb bestehender Anlagen zulässt. Wer also meint, dass er mit keinen finanzstarken Investoren zusammenarbeiten will, die nicht klein und bürgerlich sind, der muss sich für neue vorherrschende Rahmenbedingungen einsetzen, warten und die Welt bedauern. Bei den geplanten Ausschreibungen wird so kaum eine Chance für Neugründungen bestehen.
Ich mache einen anderen Vorschlag: Bringen sie die Kompetenz und den Willen der Bürgerenergie mit finanzstarken Investoren zusammen, die jedoch frei von einem verzögernden ökonomischen Interesse sein müssen. Dazu sollten alle Beteilligungen des Geldgebers eingesehen werden. Wenn dort die falschen Firmen enthalten sind, sollten Sie mit anderen Investoren arbeiten. So wäre beispielsweise eine Zusammenarbeit mit dem vielleicht eines Tages sauberen E.ON-Konzern nicht ratsam, wenn sich die Anteilseigner mit der schmutzigen am Bremsen interessierten „E.OFF“ gleichen. Nur so kann ein Beschleunigungsinteresse entstehen, welches jenes noch vorherrschenden Bremsinteresse lösen kann.
Kooperieren Sie mit von konventionellen Energien unabhängigen Investoren
Damit habe ich für die Investoren zugleich eine verantwortungsbewusste „Investmentstory“ geschrieben, mit der zugleich die Risiken atomar-fossiler Investments und die Chancen erneuerbarer Investments steigen. Mit dem Risiko steigt auch immer die Renditeerwartung. Unsere neuen Investoren müssen auch Überzeugungsarbeit für die neuen Infrastruktur-Chancen leisten. Niedrige Zinsen sind Zeiten für das Investment in Infrastruktur. Hier wären wir wieder bei dem mittelfristigen Ziel der reinen Bürgerenergiewende, da diese auch mit geringeren Renditen möglich wäre.
„Auch in der Breiteneinführung von PC´s wurde keine Rücksicht
auf die Existenz der Schreibmaschinen genommen,..“
so verglich der SPD-Politiker Hermann Scheer den Strukturwandel in der Energiewende. Mit diesen Worten möchte ich Sie zu einer klaren Haltung und Aktion ermuntern.
Schnüren wir kurzfristig große Investitionspakete, die nur gezielt an unabhängige Investoren verkauft werden. Dabei müssen wir auch wachsam sein, wenn vorgeschobene Investoren den ersten Schritt machen. Beschleunigung ist ein Verdrängungswettbewerb um das vorherrschende Momentum. Sie sollten sich klar sein, dass der Erhalt und die Sicherung von Marktanteilen in einer zermürbten Branche einen raschen Investitionsrausch begünstigt. Positionieren Sie sich jetzt, falls Sie die Gedanken dieses Textes plausibel finden. Bis 2020 erwartet PROGNOS allein in Deutschland jährliche Investitionen von 28.000.000.000 € in erneuerbare Energien.
Für die schnelle Energiewende, 100 % regenerative Energien und damit dem Umwelt- und Klimachutz brauchen wir die Federführung und Vielfalt unabhängiger Akteure. Es gibt bereits Beispiele für Investments von (auf den ersten Blick) unabhängigen Akteuren – die unabhängig von atomar-fossilen Energieträgern – eine Großkapital-Energiewende machen:
- Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. für Investition in erneuerbare Energien
- Susanne Klatten investiert sicherlich nicht nur gerne in Nordex
- Dietmar Hopp investiert in Wirsol
- Der Bundesverband Solarwirtschaft vermittelt Investoren (Welche genau?)
Sorry liebe Corporate Intelligence, wir wollen den Klimaschutz wirklich; noch immer und jetzt erst recht!
Hallo Kilian,
uneingeschränkte Unterstützung zu deinem Artikel. Zu deiner (unvollständigen) Liste der unabhängigen Akteure möchte ich all die hinzufügen die demnächst mit einer Micro PV Anlage http://www.sonnenfluesterer.de/2015/04/plug-in-modul-legal-illegal-oder-scheissegal/ zum Umstieg auf 100 Prozent plus X beitragen.
Aber ich wiederhole auch hier, wir müssen die Konzerne die mit dem „verbrennen“ von Öl, Kohle und Uran ihre Kohle verdienen in die Insolvenz schicken! Sonst geht es nicht!
Hier ist die besagte neue Energiemarktordnung