Gestern wurde das neue Strommarktdesign 2.0 beschlossen. Im Internet kann man das Weißbuch noch nicht finden. Auch wurde gestern eine milliardenschwere Finanzspritze an Energiekonzerne beschlossen. Vielleicht ein Deal, da der Energieminister dem Kapazitätsmarkt des einflussreichen BDEW schon eine Abfuhr erteilt hatte. Claudia Kemfert nannte es liebevoll einen „vergoldeten Ruhestand für Kohlemeiler„. Begründet wurde der Vorgang mit der Vermeidung von Jobverlusten. Erstaunlich, dass dies bei den weit dramatischeren Job-Verlusten im Bereich erneuerbaren Energien keine Rolle gespielt hatte. Gefüllt wird die Finanzspritze mit den Steuern und Strompreisen der Bürger. Damit hat sich auch das Zielversprechen der niedrigen Strompreise als Vorwand herausgestellt – damit hatte man ein EEG mit Bremswirkung zugunsten zentraler Strukturen reformiert. Der Klimaschutz muss gegenüber dem urspünglich versprochenen Klimabeitrag mit einer Light-Version auskommen. Der Rest soll durch die nun besser gefüllte Fördergiesskanne ausgeglichen werden.
Hier finden Sie die Presseinfo des Energieministers. Wer meine kritischen Worte nun stark empfindet, der sollte sich die Kommentare der Tagesschau ansehen. Die dort tätigen Journalisten rupfen kein kleineres Hünchen mit der Bundesregierung, als ich dies tue.
Das Gabriel-Muster
Zunächst wird viel versprochen – es klingt gut. Nach einer Weile gelingt davon ein Bruchteil – er spricht – es klingt gut. Ja, der Goslarer ist ein guter Redner, der sich mit geschürten Erwartungen verzockt. So war es auch, als Gabriel die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung angefasst hatte. Offenbar rudert der Mann immer dann zurück, wenn gewisse Lobbys laut genug pfeifen.
Strommarkt 2.0: Ist Brüssel oder Berlin zuständig?
In Brüssel hingegen arbeitet man auch am Strommarkt. Je mehr von dort kommt, desto weniger glaube ich an die reelle Beteiligungsmöglichkeit bzw. Einflussmöglichkeit, die mit der Meinungsäußerung zum Grünbuch angeboten worden war.
In diesem Zusammenhang finde ich ein geleaktes Dokument der europäischen Kommission interessant. Nachdem ich es gelesen habe, erscheint es mir nicht als Blaupause der Gedanken, die im Grünbuch standen. Wechselwirkungen aber lassen sich schwer von der Hand weisen. Ein paar wenige Inhalte will ich hier zusammenfassen:
- Man erkennt die Entwicklung hin zur Dezentralität.
- Man sieht einen Bedarf für Regulation, jedoch nicht für einen Kapazitätsmarkt.
- Mitmachmöglichkeiten an der Energiewende wie smart grid, smart home etc. sollten promotet werden.
- Man will ein intereuropäisches Stromnetz.
- Man will Märkte miteinander verbinden.
Der Strommarkt ist ein sehr komplexes Thema, dem nur wenige Berufspolitiker gewachsen sind. Als Energieblogger komme dabei auch an meine Grenzen. Also will ich mehr darüber lernen:
Auf gehts zur öffentlichen Konsultation des Weißbuches
Am 13. Juli darf ich auf Einladung von Prof. Dr. Gesine Schwan wieder zu einem Trialog. Dabei geht es um die Frage: „Welche Schritte sind sinnvoll, um den Strommarkt europäisch zu flankieren und abzusichern? Der Abend ist Teil der Konsultation des Weißbuches Strommarkt, die bis in den Herbst hinein läuft.
Zwei Fragen bewegen mich bis Berlin:
- Wie stellt man Marktzugänge für eine vielfältige Akteursstruktur inklusive kleiner und kleinster Betriebe sicher?
- Wie wird man der Realität des Wetters gerecht: In einem Strommarkt, der überwiegend durch erneuerbare Stromquellen geprägt ist, muss man das Maximum aus dem Wetter holen. Also muss der Markt das Wetter ausgleichen. Nicht aber sollten erneuerbare Energien durch den Handelspreis eines neuen Strommarktes gehandicapt werden.
Ich bin gespannt, was ich dazu hier im Blog berichten kann und noch mehr, ob mehr als nur ein Anhören geschieht. Bürgerbeteiligungen wie Konsultationen, dem Netzausbau, der Windenergie etc. ergeben nur dann einen Sinn, wenn Einflussmöglichkeiten bestehen. Ohne Einfluss hingegen wäre es eher eine Beruhigungspille zur Akzeptanzbeschaffung. Was da im Einzelnen überwiegt ist schwer zu sagen.
Hinterlasse einen Kommentar