Ich liebe Energie- und Klimaschutz-Agenturen: Sie zeigen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, was innerhalb des aktuellen Rahmens für das Klima, die Energieeffizienz und der Wende hin zu erneuerbaren Energien getan werden kann. Über 40 dieser charmanten Institutionen wirken bereits in Deutschland.

Mit “zeigen” meine ich “Sensibilisierung”, “Aufklärung”, “Bewusstseinsbildung”,  “Öffentlichkeitsarbeit”, “den Bürger mitnehmen” und ganz konkrete “Beratung”, wie der Einzelne Energieeffizienz erreicht und was er dazu tun kann. Wer von den Klimaschutz-Agenturen dies gut macht, der hat den Sprung von der frontal ausgerichteten “Informationsveranstaltung” oder von rein eindimensionalen “Informationsmedien” hin zu dialogorientierten Gesprächen geschafft.

Wie wichtig Dialoge sind, fiel mir bei einem Vortrag eines Neurowissenschaftlers beim Bremer Energiekonsens wie Schuppen von den Augen: Nur wer gut zuhört, kann den entscheidenden Tipp zur Umsetzung geben. Es geht dabei um emotionale Bedürfnisse; denn Emotionen bewegen mehr als kopflastige Sachinformationen. Der Mensch entscheidet mehr aus “dem Bauch” und weniger rational, also ganz anders, als es die Mär vom “homo oeconomicus“ vorgaukelt. Für das richtige Gefühl ist Vertrauen in den Absender unabdingbar. Unabhängige Energie-Agenturen sollten beispielsweise niemals Verkaufsinteressen hofieren, sondern Vertrauen durch Einfühlungsvermögen und Kompetenz aufbauen.

All das gelingt auch in sozialen Medien. Nutzen Energie- und Klimaschutz-Agenturen diese Chancen? Wir haben Facebook, Twitter und YouTube zu Monatsbeginn analysiert. Dabei sprechen nicht nur die Fakten, sondern auch meine Erfahrungen aus der freien Mitarbeit in der Energieagentur Region Göttingen, der Klimaschutzagentur Hildesheim-Peine und als aktiver Energieblogger.

24 Energie-Agenturen nutzen Facebook

Facebook Facebook erlaubt den Aufbau einer regionalen und thematisch interessierten “Community” – übersetzt für Normalmenschen, ist sie eine Gemeinschaft aus “Fans”, die sich Inhalte anschauen und untereinander austauschen.

Mit 1.516 Fans hat die Energieagentur-NRW auf Facebook die meisten Fans unter den Energie-Agenturen. Die zweitplatzierte Klimaschutzagentur Mannheim liegt mit 502 “Page Likes” bei einem knappen Drittel.

Hohe Fan-Zahlen führen nicht automatisch zu hoher Reichweite. Facebook-Gründer Zuckerberg hat einen digitalen Türsteher angeheuert, der auf den Namen “Facebook-Algorithmus” hört. Dieser lässt nur die Inhalte auf Facebooks Timeline sichtbar werden, die auf nebulöse Weise als “interessant” für die Person gelten. Zuckerbergs Türsteher ist bestechlich: Über bezahlte Werbeanzeigen kann man die Inhalte mit erschreckender Präzision in seiner Zielgruppe zeigen lassen.

Wir machen Klimaschutz- und Energie-Agenturen, weil wir wollen, dass unsere Zielgruppe etwas für die Verbesserung des Klimas tut. Um dazu über Facebook zu motivieren, müssen die Inhalte emotional und für unsere Zielgruppe faktisch interessant sein. Engagement erwächst aus dem richtigen Gefühl, dass es dich betrifft. Deshalb würde ich mir bei Facebook immer die Interaktionswerte anschauen:

“Likes, Kommentare & Shares pro Post

Wer den Daumen hebt, Kommentare schreibt und die Inhalte mit seinen eigenen “Freunden” teilt, der findet Inhalte gut und nützlich. Je größer die Fanbasis ist, umso schneller steigen hier die Zahlen.

Die Energieagentur NRW liegt mit sieben Likes, Kommentaren & Shares pro Post weit vorne.

Besonders erfolgreich ist die Aktion #JetztaufSiegersetzen. Bei der Kampagne muss man seine Adresse hinterlassen und erhält dann Informationen, eine Beratung und ein Bonusheft mit vielen Gutscheinen und Preisvorteilen. Auch gut angekommen ist das Video vom  NRW-Klimakongress 2016: #nrwklima16.

“Engagement-Grad”

Um das Engagement unabhängig von der Fan-Anzahl zu messen, gibt es den Engagement-Grad. Dabei wird die furchtbar klingende Interaktionsrate “PTAT” (people talking about this) durch die Anzahl an Fans geteilt. Ab einem Engagementgrad von 7% kann man laut den Studien der Firma “Meltwater” auf Facebook erfolgreich sein.

In Göttingen haben wir mit 8,82% den höchsten Engagement-Grad. Gefühlt war mir selbst das bislang zu wenig.

Wer auf Facebook erfolgreich sein will, der muss sich Zeit für gute Posts und Interaktion nehmen. Ein Budget für Facebook-Werbung sollte vorhanden sein. Bilder, Mini-Videos, Live-Videos und Illustrationen erlauben einen sympathischen Blick hinter die Kulissen. Ich sage immer:

“Schalte eine Anzeige in der Presse weniger und informiere stattdessen Deine Zielgruppe direkt.”

Facebook ist ein Real-Labor: Ausprobieren und Statistiken wälzen ist immer gut. Eine wissenschaftliche oder journalistische Schreibweise stört sehr. Erfolge entstehen aus einer persönlichen Ansprache und in Dialogen.

11 Energie-Agenturen twittern

TwitterTwitter ist der Ort, an dem man Multiplikatoren erreicht und seinen Finger am Puls der Zeit behalten kann. Das Zwitschern der Kurznachrichten erreicht ein überregionales Publikum. Resonanz macht Spaß: Wenn eigene Tweets oder Blogartikel empfohlen werden, wenn auf eigene “Tweets” Antworten folgen oder einfach nur auf das kleine, wertschätzende Herz geklickt wurde, dann weiß man, dass eine erste Näherung geschehen ist. Soziale Medien sind wie der Small-Talk auf Veranstaltungen ein erster Schritt beim Knüpfen neuer Kontakte für das eigene Netzwerk.

An den Twitter-Accounts der Energie-Agenturen finden wir folgende Kenngrößen interessant:

  • Wie groß ist die Reichweite (Abonnenten)?
  • Wie viele Tweets anderer Leute wurden retweetet? Wie wurde auf die Tweets anderer geantwortet? Daran erkennt man, ob die notwendige Interaktion gesucht wird.
  • Wie viele eigene Tweets wurden durch andere favorisiert? Wenn diese Zahl hoch ist, dann kommen die eigenen Inhalte bei den Followern gut an.

Die Deutsche Energie-Agentur (dena) hat auf Twitter mit ihren drei Kanälen @dena_news (6475), @zukunfthaus (3115) und @Hauswende (1014) insgesamt die größte Reichweite. Die EnergieAgentur NRW ist mit 6503 Followern Reichweite ebenfalls eine Macht.

Mit 55% ist @dena_news Spitzenreiter in der Weiterverbreitung der Inhalte anderer Twitterer und dem Streben nach Interaktion. Mehr als jeder zweite Tweet stammt aus der Feder anderer. Auf der Suche nach Interaktion finde ich noch spannender, wie viele Antworten auf die Tweets anderer geschrieben wurden. Hier liegen die Nordrhein-Westfalen, @dena_news und die Berliner Energieagentur mit 4% gleichauf. Mit meinem Twitteraccount liege ich bei 23%.

40% der Tweets von @dena_news werden favorisiert. Auch die Inhalte der Nordrhein-Westfalen genießen mit 32% eine hohe Wertschätzung.

Regionale Energie- und Klimaschutz-Agenturen findet man auf Twitter kaum. Für die meisten Projekte mit regionalem Fokus ist Twitter wenig sinnvoll. Für überregionale Akteure, wie dem Dachverband der Energieagenturen eaD, ist die Abstinenz auf Twitter jedoch eine vertane Chance.

Nur fünf Energieagenturen sind auf YouTube

YouTubeSuchen Sie nicht auch auch YouTube nach Erklärvideos, wenn Sie sich zu einem Produkt informieren wollen? YouTube gilt als zweitgrößte Suchmaschine der Welt. Videos schauen und hören ist viel bequemer und geht auch auf dem Smartphone. Wenn dort vertrauenswürdige Videos zu den praktischen Fragen der Energiewende erschienen, würde die Energiewende besser gelingen – gerade in Videos lassen sich die so oft vermissten Emotionen gut transportieren. Emotionen sind es, die etwas bewegen können. Nackte Fakten hingegen sind laaangweilig und werden Halb-Interessierte kaum hinter dem Ofen hervorlocken.

In einem früheren Artikel hatte ich festgestellt, dass es kaum YouTuber zur Energiewende gibt. Millionen haben “YouTuber” wie LeFloid abonniert und sind also regelmäßige Zuschauer. Aber nur fünf Energie- und Klimaschutzagenturen entdeckten bisher YouTube-Videos für sich. Drei davon publizierte einige wenige einzelne Videos. Den Schritt zur regelmäßigen Video-Publikation gehen bislang nur wenige große Energieagenturen:

  • Der YouTube-Kanal der EnergieAgentur NRW hat 703 Abonnenten. Sortiert ist der Kanal über “Playlists” zu den Themenfelder der 1990 gegründeten Landesagentur.
  • Die im Jahr 2000 gegründete Deutsche Energie-Agentur (dena) hat 534 Abonnenten. Ihre Videos begleiten überwiegend Events und Vorträge. Aber auch dort gibt es Kurzfilme zu den praktischen Fragen.

Viele denken, dass Videos viel zu teuer sind. Das war früher immer so und ist heute nur dann so, wenn man ein drei- bis fünfköpfiges Team für eine Filmproduktion bestellt. Mit der aktuellen Digitaltechnik geht es jedoch auch deutlich schlanker: Wer affin ist kann sich auch selbst alles Notwendige aneignen – so wie es die YouTuber vorgemacht haben.