Auf den Berliner Energietagen haben Andreas Kühl und ich einen Dialogabend zu zielgruppengerechten Dialogen veranstaltet. Wie immer wollten wir als Energieblogger die Energiewende voranbringen, in diesem Fall am Gebäude. Unsere Hauptfrage im Ludwig-Erhard-Haus: Wie kann man das Image und die individuelle Entscheidung zum energetischen Modernisieren positiv durch Dialog-Kommunikation beeinflussen? Im Mittelpunkt des Geschehens haben wir unsere Gäste gestellt – wir wollten wie in unseren Blogs die Dialogprinzipien selbst anwenden.

EnergietageIn diesem Artikel geht es um die Antworten und Erkenntnisse unserer Gäste, die am Open Table erarbeitet wurden. Unsere Methodik, die gerne nachgeahmt werden darf, hat Andreas in seinem Erfahrungsbericht auf energynet.de wunderbar beschrieben. Mit vier Themen haben wir dem Dialog einen roten Faden gegeben:

  1. Dialoge & Emotionalisierung
  2. Zielgruppen & Bedürfnisse
  3. Vertrauen & Glaubwürdigkeit
  4. Digitale und persönliche Dialoge & Praxis

Die Gedanken meiner Impulsreferate hatte ich vorab bereits hier im Blog detailliert beschrieben. Hier sind die Referate nur kurz zusammengefasst. Viel spannender sind die daraus entstandenen Dialogergebnisse und Schlussfolgerungen.

Dialoge & Emotionalisierung

EmotionalisierungGelingende Dialoge brauchen Suchende und Ansprechpartner, denen Vertrauen geschenkt wird. Diese wiederum brauchen Know-how und eine empathische Kommunikationskompetenz. Eine Begeisterung für das Thema und auch eine spürbare Integrität verbessern die emotionalen Chancen.

Dialoge funktionieren nur mit jenen, die sich bereits so involviert oder betroffen fühlen, dass sie bereits Antworten suchen. Für die große andere Mehrheit eignen sich andere Maßnahmen. Soziale Medien setzen auf das Vertrauen gegenüber den Empfehlenden (Mundpropaganda) und haben ein zusätzliches verbreitendes Potenzial.

Die Versachlichung ohne Emotion ist ein Irrtum. Anstelle dessen müssen grundsätzlich Gefühle angesprochen werden, damit sich ein Dialog sich auf das Verhalten auswirken kann. Auf dieser emotionalen Grundlage wirkt die Versachlichung dann auch vertrauensbildend.

Unsere Gäste am Open Table befanden eine “milieugerechte Ansprache” und das Prinzip des “Content Marketing” als geeigneten Kommunikationsansatz. In anderen Worten: Man vertraut der Idee der zielgruppengerechten Dialoge.

Intensiv wurde darüber diskutiert, ob wirklich stets der Kostendruck und das liebe Geld über die Investition entscheidet. Dagegen sprechen die Investionsbeispiele in Bäder mit direktem Wohlfühlnutzen oder Autos mit Statusgefühlen zur psychologischen Selbstdarstellung. Im Zweifel geht es um finanzielle und einen emotionale Werte.

Zur Identifikation des emotionalen Mehrwertes gab es passende Erfahrung am offenen Tisch. So kann die gute Luft ohne Schimmel ein handlungsleitendes Motiv sein. Man muss also an einem bereits emotional wichtigen Bedürfnis anknüpfen. Dazu kann auch die Vermeidung der Verlustangst zählen.

Als Metapher kam immer wieder der Wunsch, dass Energiesparen sexy werden müsse. Genauer gesagt müssten diejenigen die es machen positiv wahrgenommen werden. Im großen und ganzen müssen die richtigen Geschichten erzählt werden. Wie diese konkret aussehten könnten, konnte das Open Table noch nicht beantworten.

Zielgruppen & Bedürfnisse

EUMB Pöschk / Fotograf: Rolf Schulten

EUMB Pöschk / Fotograf: Rolf Schulten

Zu den Zielgruppen hat Andreas Kühl in seinem Impulsreferat auf den Erkenntnissen aus dem Projekt “effin” aufgebaut. Das “Finanzforum Energieeffizienz in Gebäuden” hat in seinen Innovationsleitfäden gut grundlegende Hemmnisse identifiziert und ebenfalls beispielhafte Kundenprofile für Modernisierertypen beschrieben. Wir Beide sind uns einig, dass diese öffentlich zugänglichen Ergebnisse ein sehr gutes Fundament für das Verständnis der Bedürfnisse passender Zielgruppen bieten.

In der Praxis dann ist es die Empathie in den Dialogen, bei denen für jeden Einzelnen und jede Einzelne geschaut wird, was wirklich gebraucht wird.

Unsere Gäste präzisierten den Bedarf.  Man müsse noch differenzierter herangehen, um die Gemengelage richtig zu erfassen. So haben beispielsweise Mann, Frau und Kinder gänzlich unterschiedliche Interessen und wirken sich dennoch auf Modernisierungsentscheidungen aus.

Aus der Interessensvielfalt müssen unterschiedliche Ansprachen abgeleitet werden. Als leuchtendes Beispiel für eine derartige Differenzierung kann die Vielfalt der PKW-Produktpalette gelten.

Zu Zielgruppen gehört ebenfalls die Frage, ob man sich eine energetische Modernisierung überhaupt leisten kann. So entstand die Idee, dass man doch bei den Reichen anfangen sollte. Denen hingegen wird ein Energiekostenargument kaum als benötigte Leidlinderung vermittelt werden können.

Vertrauen & Glaubwürdigkeit

Berliner EnergietageVertrauen muss man sich verdienen. Am besten gelingt dies, wenn Absender kein ökonomisches Eigeninteresse verfolgen – wie es bei regionalen Energieagenturen der Fall ist.

Kommunikatoren, die ein Interesse vertreten, sollten sich in der Zurückhaltung und Aufrichtigkeit üben. Vertrauensbildend wirkt in diesem Fall, wenn auch einmal konkurrierende Produkte besprochen werden, es nicht nur Stärken gibt – sondern auch Schwächen eingeräumt werden und Übertreibungen unterlassen werden.

Dieser aufklärende Ansatz kann mit Marketingzielen im Konflikt stehen. In der Praxis kann dies zu Reibereien in einem Umdenkprozess führen. Belohnt werden kann diese relative Uneigennützigkeit auch durch Empfehlungen.

Unsere Gäste haben von wunderbaren Dialogbeispielen berichtet. So gab es den erfolgreichen Versuch, bei Würstchen den Nachbarn von der Modernisierung zu erzählen. Andersorts wurde nach dem Tupperparty-Prinzip eine Weinprobe im Keller mit einer BHKW-Besichtigung verknüpft.

Um eine breitenwirksame Akzeptanz zu erreichen müssten tatsächlich die vorhandenen Zielgruppenkonflikte aufgelöst; oder wenigstens entschärft werden. Ob dies tatsächlich die reißerischen und angstschürenden Medienberichte verhindern kann, stelle ich in Frage. Für eine negative Emotionalisierung ist Vernunft keine Voraussetzung.

Auch fehlen sinnvolle Gesamtpakete, die man besser verkaufen kann. Warum gibt es kein Sanierungspaket, dass so einfach wie ein Fertighaus vermarktet wird? Der energetischen Modernisierung tut es grundsätzlich gut, wenn man das gesamte Gebäude anstelle der Einzelmaßnahme betrachtet, wenn man den maximalen Nutzen anstelle des Einzelnutzens individueller Betriebe entfalten will.

Einladung und Fazit

Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Offenheit. Ein Fazit zum Open Table finden Sie auf energynet.de. Ich würde mich freuen, wenn wir diesen Dialog hier und auch in Gesprächen vertiefen.

Für den Erfolg der Gebäude-Energiewende sind wir mit dem Dialog-Ansatz auf dem richtigen Wege; auch wenn dies nicht einen guten Rahmen, wie eine steuerliche Förderung ersetzen kann. Es ist mehr wie eine Skulptur, die von vielen Seiten und an vielen Stellen zur gleichen Zeit bearbeitet werden muss, damit das große Ganze entstehen kann.