Wer beruflich mit Medien für Klimaschutz zu tun hat, wird es kennen: Zeit ist immer und das Budget meistens knapp. Zugleich werden kreative Ergebnisse und solides Medienhandwerk erwartet. Aus einem Sound von Millionen Stimmen hervorstechen und dadurch klimaschützende Aktivitäten anregen sollen wir. Außerhalb “der Bubble” der Sensibilisierten ist dies eine verdammt harte Nuss. Und wenn wir uns den Status quo des Klimaschutzes anschauen, dann müssen wir kollektiv einräumen, dass noch nicht mehr als ein kleiner Anfang gelungen ist.
Vielleicht geht es mir gerade deshalb immer so gut, wenn ich mich mit Themen wie Umweltpsychologie und Klimakommunikation beschäftige. Denn dabei habe ich das Gefühl, dass die Wirksamkeit der Kommunikation und damit die eigene Selbstwirksamkeit steigt.
Zeit dafür im Medienalltag unterzubringen ist schwierig. Eingebunden in all das, was Kunden und Familie erfordern mitsamt der betrieblichen Notwendigkeiten, herrschen nun mal gewaltige Sachzwänge. Statt Flow und kreativen Freiraums für große Gedanken gibt es auch mal Stress.
Doch wenn wir nie aus unserer Tretmühle ausbrechen, dann bringen Leute wie wir dieselbe Kommunikation wie immer hervor und werden keine besseren Ergebnisse erzielen. Deshalb habe ich den K3-Kongress letzte Woche in Karlsruhe so sehr genossen. In geballter Form gab es hochkarätige Speaker und talentierte Teilnehmende, die allesamt an Wirkungs-Optimierungen in der Klimakommunikation arbeiten. Von welchen Einsichten ich mir am meisten Fortschritte verspreche, berichte ich hier auf SUSTAINMENT´s Blog.
Fünf Top-Einsichten vom K3-Klimakongress zur Klimakommunikation
So funktioniert Agenda Setting im Klimaschutz
Wer Agenda Setting kann, der hat die Macht, in relevantem Maße öffentliche Aufmerksamkeit auf Themen zu lenken. Entsprechend spannend fand ich Irene Neverlas Analysen. Ergebnis: Beim Klimaschutz gingen Themen immer erst durch die Presse und wurden erst danach in sozialen Medien diskutiert und verbreitet. Bei der gängigen “Linkschleuder-Strategie” ist dieser Wirkungszusammenhang gut vorstellbar.
Was können wir daraus folgern? Wer nicht gerade Trumps Twitter Account gehackt hat, der braucht zuerst entweder richtig gute klassische Pressearbeit, oder ist in der Lage, aufmerksamkeitsstarke Anlässe zu erfinden, die zu einer Berichterstattung führen.
Auch außergewöhnliche Träger für unsere Botschaften könnten funktionieren, wie es Eckart von Hirschhausen in seiner Keynote vorgeschlagen hat. Würden beispielsweise die Geissens freitags mitdemonstrieren, dann würde das neue Menschen und andere Berichterstatter hinter dem Ofen hervorlocken.
Nachdem ein Thema den Weg in die Presse gefunden hat, können wir uns mit Kommentaren hervortun. Die Professorin Neverla hat herausgefunden, dass 25 Prozent aller Kommentare aus der Feder von nur einem Prozent der Nutzer*innen stammen.
Was mich auch interessiert hätte, ist die Rolle von Blogs und von YouTube und wie viel davon eigentlich am Ende in den verbreitenden und diskutierenden Strudel der sozialen Medien gelangt. Als Energieblogger haben wir uns immer vorgestellt, dass wir eine Art Vorhof der Presse seien.
Wenn doch das Klima aller Menschen heißer wird, müsste dann…
Manchmal wird Klimaschutz politisch einfach nur deshalb abgelehnt, weil sich weite Teile der politischen Linke dafür aussprechen. Dieses Spiel ist politisch fatal. Denn Erfolge im Klimaschutz müssen länger halten und durchgehalten werden als von einer Wahl zur nächsten.
Entsprechend kann man es strategisch gar nicht hoch genug bewerten, dass der Brite George Marshall mit Climate Outreach erforscht, wie man beispielsweise Konservative oder einzelne religiöse Gruppen erfolgreich anspricht. Das dem zugrunde liegende Prinzip ist erstaunlich einfach:
- Wir müssen zuhören. Mit den richtigen Fragen können wir dabei die Werte unserer Gesprächspartner verstehen. Diese sind vollständig zu akzeptieren, damit es gelingen kann. Dafür können wir Fokusgruppen organisieren.
- So senden wir als erste Botschaft: “Du bist O.K. so wie Du bist.”, statt “Du liegst falsch und ich richtig. Ändere Dich!”. Eine solche Ansage führt erst recht zu Ablehnung.
Haben wir alsdann Werte identifiziert, muss an diese angeknüpft werden. Entsprechend können grundlegende Kernbotschaften darauf aufbauen. So wird das Thema in die Breite getragen. George Marshall sagt, dass wir einen durch mehr Bevölkerungsgruppen getragenen gesellschaftlichen Konsens herstellen müssen. Ich finde seine Ansichten sehr realistisch und kann mir zugleich vorstellen, wie schwer diese Strategie den meisten Klimaschützer*innen fallen dürfte – denn meist ist es nur eine Facette in der Vorstellung von einer großen Transformation, die viele weitere gesellschaftliche Themen umfasst.
Das Thema Klima braucht keine Komplexe mehr zu haben
Wir alle kennen Vergleiche wie: “Es wurden x KW erneuerbare Energien gebaut. Dieser Strom reicht für y Haushalte”. Damit werden einzelne Zahlen vorstellbar.
Vermeintlich komplexe Klimathemen werden so aber nicht anschaulich. Dass wir hierbei viel phantasievoller sein können, hat uns Eckart von Hirschhausen vorgemacht. Als im Fernsehen und in den Bücherregalen erfolgreicher Comedian und Entertainer hat der studierte Arzt ein gutes Gefühl für Publicity und anspruchsvolle Themen.
Wenn ich mich richtig erinnere, brachte er seine Beispiele so anschaulich auf den Punkt:
“Soll ich dieses Mineralwasser schütteln und die Flasche aufmachen? Nein? Genau das aber passiert, wenn unsere Ozeane versauern.”
Er nimmt also einen Effekt, den jeder Mensch kennt und das Überschäumen und Kleckern vermeiden will, und veranschaulicht damit eine der vermeintlich komplexeren Klimafolgen.
“Bei 42 Grad Celsius gerinnt das Eiweiß in unserem Gehirn.”
Dabei hatte er ein Gehirn-Modell in der Hand. Das Beispiel verdeutlicht, dass wir in erster Linie uns Menschen selbst und nicht das Klima für sich genommen schützen wollen.
“Sie wissen, wie sensibel die Haut vom Apfel ist. So ist es auch mit unserer Atmosphäre. Sie ist gerade mal 8 bis 18 Kilometer dick. Das ist von hier bis X – je nachdem, wo man gerade ist”
Hierbei hatte er einem Apfel in der Hand und zeigte, wie sensibel die Atmosphäre unsere Erde ist. Er löst einen beschützenden Impuls aus, wie wir ihn für andere geliebte Organismen auch haben.
Storytelling funktioniert in viel mehr Formaten
In Karlsruhe kamen auch waschechte Praktiker zu Worte. Im Storytelling Workshop stellte Stefan Stockinger seine Dramaturgie der Heldenreise vor, wie er sie mit pirado verde in unterhaltsamen Erlebnis-Vorträgen anwendet. Auch diese vorliegende Story baut auf dieser Dramaturgie auf.
Mir waren solche Schemen zum Schreiben von Drehbüchern geläufig und auch wusste ich, dass Stories von Protagonisten und Antagonisten leben. In Stefans lebendigem Vortrag aber ist mir klar geworden, dass sich Story Telling in weit mehr Formaten anwenden lässt. Entlang dieses roten Fadens zu schreiben, macht mir Spaß. Ich habe mir vorgenommen, damit auch in Social-Media Posts, Newsletter-Texten etc… zu experimentieren und bin gespannt auf die Ergebnisse.
Wir brauchen wieder gemeinsame Visionen
In seiner unnachahmlichen Art hat der Soziologe Harald Welzer die vorherrschende Visionslosigkeit angeprangert. Ein Nebeneffekt unserer Alarm-Kommunikation ist, dass eigentlich alle von einer schlechteren Zukunft ausgehen – und deshalb besser jetzt nochmal auf großem Fuße leben. Menschen fühlen sich in ihrem Lebensstil mit Besitzstand auf angeblich “hohem Niveau” bedroht. Die Lust auf die Gestaltung von Zukunft aber bleibt gerade deshalb auf der Strecke, und das ist fatal. Statt “Weg von der Katastrophe!” können wir versuchen, uns “Hin zu einer attraktiveren Lebenswirklichkeit!” zu bewegen.
Und hier sind wir bei dem Entscheidenden: Wenn doch der Schritt vom Wissen zum Tun so groß ist, warum versuchen wir dann nicht, gleich mal Lust auf das Tun zu machen? So betrachtet bedeutet win-win nicht immer, dass sowohl Klimaschutz wie auch die Wirtschaft die Winner sind, auf die es ankommt, sondern dass die eigene Lebensqualität steigt, während der eigene Lebensraum geschützt wird.
Klimaschutz darf Spaß machen ;-))
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