Auf dem Podium ging es ins Eingemachte. Zwei der Zitate die ich getwittert hatte, müssen einige Nerven getroffen haben. Sie fanden unter dem Hashtag #nachhaltige100 enorme Verbreitung und Zustimmung. Das Podium waren Treppenstufen in der STATION Berlin, wo die Messen „Heldenmarkt“ für nachhaltigen Konsum und „Veggie Dings“ für pflanzliche Ernährung stattgefunden haben. Dort hin hatte die Triodos ihre Auswahl der Crème de la Crème der zur Nachhaltigkeit twitternden Menschen eingeladen. An solch einem Tag ist es leicht, viral zu gehen.
Ein Nerv der Nachhaltigkeit liegt im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftswachstum, gesellschaftlicher Norm und der Suffizienz (aka Verzicht / Genügsamkeit).
Marius Hasenheit: „Ein Produkt nicht zu kaufen, ist nachhaltiger, als ein nachhaltiges Produkt zu kaufen“
„Ein Produkt nicht zu kaufen ist nachhaltiger, als ein Nachhaltiges zu kaufen.“ sagt @MariusHasenheit #nachhaltige100
— Kilian Rüfer (@KilianRuefer) 11. November 2017
50 Meter weiter wurden wunderbare nachhaltige Produkte mit messeüblichem Schauspiel und Glanz präsentiert. All diese Produkte sind überzeugende Alternativen zu konventionellen Produkten, die eine deutlich dreckigere Spur hinterlassen. Auch bei kleinen ökologischen Fußabdrücken ist es Fakt, dass die allermeisten physischen nachhaltigen Produkte auf begrenzte und nicht erneuerbare Ressourcen zugreifen. Deswegen hat Marius recht. Deswegen gibt es berechtigte Wachstumskritik. Und deswegen sind Sharing und einfach mal was weglassen essentiell besser für nachhaltige Lebensstile.
Marius ist Gründer und Herausgeber des Transform Magazins und arbeitet am Ecologic Institut.
Ist Wirtschaftswachstum deswegen immer böse? – Nein!
Katharina Reuter: „Solange die GLS Bank und die Triodosbank wachsen, ist es gut, wenn die Deutsche Bank schrumpft“
So lange @glsbank und @triodosde wachsen ist es gut, wenn die @DeutscheBank schrumpft, so @UnternehmensGRU zu #Suffizienz #nachhaltige100
— Kilian Rüfer (@KilianRuefer) 11. November 2017
Genauso offensichtlich, wie das Vermeiden von unnötigem Konsum sehr nachhaltig ist, gibt es sowohl Wachstum als auch Schrumpfprozesse, die eindeutig positiv sind. Katharina bezog sich auf Banken, die in nachhaltige Geschäfte wie erneuerbare Energien investieren.
Ich habe ein anderes Beispiel: Ein rascher Kohleausstieg ist eine sehr gute Idee, um Klimawandel spürbar zu bremsen. Dadurch schrumpfen Branchen und es kommt zu sozialen Härten. Ohne dies käme es zu anderen sozialen Härten. Und es ist ein starkes Wirtschaftswachstum im Bereich erneuerbare Energien für die drumherum nötigen Technologien nötig, absolut wünschenswert.
Ich kann mich sehr für das Investieren in Nachhaltigkeit begeistern und sehe darin einen bedeutsamen Hebel. Um diesen Hebel kümmere ich mich seit ein paar Wochen intensiver. Bald können Sie und könnt Ihr dazu Publikationen erwarten.
Katharina ist Geschäftsführerin des Verbandes UnternehmensGrün.
Sowohl-als-auch!
Wie bei so vielen Themen geht es um ein „Sowohl-als-auch“. Es gibt offenbar einen Drang nach einfachen, alles lösenden Rezepten. Mich kotzt es an, wenn mehrere in eine ähnliche konstruktive Richtung gehen wollen und sich dann zerfleischen und ihren Ego- Lösungsansatz gegen den oder die anderen ausspielen.
Das einfache Beispiel dieser beiden Tweets zeigt, dass weder die pauschale Vergötterung des Wirtschaftswachstums, noch die pauschale Verteufelung des vorherrschenden Paradigmas angemessene Antworten bieten können. Auch das Postwachstum und die Schrumpfung der Wirtschaft sind nicht Gott. Beim Einatmen und Ausatmen käme niemand auf die Idee, sich auf einen Teil der Realität zu beschränken.
Wir müssen differenzieren und merken, wenn wir in eine ähnliche Richtung auf unterschiedlichen Wegen gelangen wollen. Eine Offenheit für unterschiedliche Lösungswege ist die Grundlage, um Kräfte für den Wandel hin zur Nachhaltigkeit zu bündeln.
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