Es macht mich richtig wütend. Immer wenn die amtierende Bundesregierung eine Großchance für den Klimaschutz herausspielt, dann wird diese vergeben – wie bei einem Torschuss, bei dem einen die eigenen Mitspieler weggrätschen.
Deutschlands vergebene Klimaschutzchancen
- Der für heute geplante Beschluss der EEG-Deform verlangsamt das abgebremste Ausbautempo zusätzlich, statt es deutlich zu beschleunigen. Zusätzlich wird die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung untergraben, da die Mitgestaltungsmöglichkeiten für Bürgerenergie und KMU für 80% des erneuerbaren Energiemarktes amputiert worden sind.
- Ein „Kohleausstieg deutlich vor 2050“ war im Entwurf des „Klimaschutzplans 2050“ von Umweltministerin Hendricks vorgesehen. Er wurde laut der Berliner Morgenpost von Wirtschaftsminister Gabriel gestrichen. Das Gleiche geschah auch mit CO2-Minderungszielen.
- Im Klimaschutzplan 2050 war eine Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien ebenfalls vorgesehen.
- Der vernünftige Vorschlag eines Klimabeitrages für das Überschreiten eines Emissionsdeckels für Kohlekraftwerke wurde verworfen. Man drückte lieber ein durch die Kohlelobby (IGBCE) konzipiertes Konzernförderprogramm („Kapazitätsreserve“) durch. Betreiber werden für den Ertragsverlust der überflüssigen Kraftwerke entschädigt. Vielleicht um Kosten zu begrenzen hat man eine für den Klimaschutz zu geringe Minderung von Treibhausgas-Emissionen vereinbart.
- Die steuerlichen Förderung für energetische Modernisierung war im NAPE vorgesehen. Das Scheitern wurde Herrn Seehofer zugeschrieben. Der eigentliche Streit dahinter war die Bereitstellung der richtigen Finanzierungs-Töpfe.
Wer arbeitet gegen den Klimaschutz?
Die Sabotage am Klimaschutz passiert nicht zufällig. Es gibt Kräfte, deren Interesse und Einflussnahme gegen wirksamen Klimaschutz ist. Bei Veränderungen verlieren die Unternehmen, die vom Fortbestehen aktueller Strukturen profitieren. Wer genau interveniert ist mir leider im Einzelfall unklar. Hier besteht Aufklärungsbedarf und ich wünsche mir mehr Transparenz seitens der Regierung.
Wie viel oder wenig Minister die Bundesrepublik regieren ist mir unklar. Manchmal erscheint es fast so, als wären diese nur noch die Vertreter der anders zustande kommenden Entscheidungen.
Eine enttäuschende Chancenverwertung
Auch wenn die Wahrheit unbequem ist. Wir jungen Eltern dürfen aktuell mit ansehen, wie die Lebensqualität unserer Kinder verspielt wird. Wenn ich einmal eine Rente erhalten sollte, dann will ich als alter Mann nicht über Klimafolgen berichten. Ich will lieber, dass heute richtige große Entscheidungen getroffen werden.
Die Unehrlichkeit verspielt Vertrauen:
„Sigmar Gabriel ist und bleibt ein Meister der Illusionskunst. Kein anderer im Kabinett vermag so schöne Wolken zu zaubern – hinter denen sich oft das Gegenteil dessen verbirgt, was sie auf den ersten Blick zu sein scheinen.“
Die Schönfärberei verfolgt eine beruhigende Absicht. Daniel Bannasch von MetropolSolar hat es in seiner traurig-schönen Realsatire auf den Punkt gebracht:
„Wir freuen uns, dass Sie uns geschrieben haben und nehmen Ihr Anliegen sehr ernst. Wir kümmern uns darum, machen aber bereits alles richtig. Wir haben den ambitionierten Ausbau der Erneuerbaren beschlossen. Die Energiewende ist nicht mehr zu stoppen. Und das ist gut so. Deshalb ist es jetzt auch völlig unerheblich, was wir bei der EEG-Reform beschliessen und bei der Digitalisierung der Energiewende und bei der Stromsteuer und… Sie können da völlig beruhigt sein. Egal, was wir machen: Die Energiewende ist nicht mehr zu stoppen. Alles ist gut. Sie müssen keinen Widerstand leisten.“
Im ganzen Land sind so viele engagierte für erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Klimaschutz unterwegs. In ihrem Streben werden sie nicht nur alleine gelassen. Ihnen werden sogar die Handlungsspielräume verkleinert. Übrig bleiben für sie in der Regel nur kleine Klimaschutzmaßnahmen, sozusagen die Restposten im erneuerbaren Energienmarkt.
Die Bundesregierung arbeitet an der Demotivation – jedenfalls wenn man sich demotivieren lässt. Das gute an inneren Motiven ist, dass diese robuster als äußere Anreize sind.
Was machen wir jetzt? Wir machen weiter!
Wir bleiben dran, werden weiter aufklären und gezielt Nadelstiche setzen. Wir werden unermüdlich an die bereits vergebenen Chancen erinnern. Und wir werden Verantwortliche daran erinnern, dass sie eine sehr große Verantwortung tragen. Denn es geht um unsere Zukunft.
Wenn die Klimaschutzpolitik nicht wirksam wird, dann wird der Handlungsdruck durch Klimafolgen steigen. Druck kommt auch durch die Divestment-Bewegung, die oft eher Folge einer berechtigten Verlustangst ist. Falls alle Apelle unerhört bleiben, sollten wir uns daran erinnern, dass wir jetzt Klimaschutz-Kompetenz aufbauen. Diese werden spätestens dann abgerufen, wenn das „Wasser bis zum Halse“ steht.
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