Es gibt kein Patentrezept mit magischen Worten, welches automatisch zum Sanieren hypnotisiert. Die Aufgabe ist komplex. Daher habe ich aus meiner Erfahrung heraus Arbeitsthesen und Fragen formuliert, die ich am 20.5. mit in mein Zuggepäck nach Berlin nehme. Dort wollen wir Energieblogger die Arbeitsthesen mit einem Fachpublikum auf den Berliner Energietagen diskutieren – wir können dort viel von einander lernen. Andreas Kühl von energynet.de und ich bieten am Dienstag zwischen 17:00 – 18:30 Uhr das „Open Table – Kommunikation von Energieeffizienz in Gebäuden“ an. Andy hat zum Thema einen Buchartikel geschrieben und bloggt dazu seit Jahren permanent. Ich selbst kommuniziere dieses Thema für eine Energieagentur, die ich zu meinen Kunden zählen darf. 

These 1: Gute Kommunikation ist durch ein Konzept überlegen.

Mir geht es heute ausschließlich um das „wie“, aber nicht um das „womit“ und das „was“ in der Kommunikation von Energieeffizienz in Gebäuden. Dies mag für die Technik-Begeisterten ein Schock sein. Konzeptionelle Vorüberlegungen kommen meist zu kurz, weil in der Medienlandschaft zu oft schnell und manchmal auch zu billig gearbeitet werden soll. Kreative brauchen Raum für Ideen und Zeit für sorgfältige Überlegungen. Zu Beginn solcher Konzepte steht eine Zielgruppenanalyse.

open-table_berliner-energietage2014These 2: Wir müssen die Lebenswelten der Angesprochenen besser verstehen.

Was brennt wirklich unter den Nägeln? Ist es vielleicht die Last des Baukredites oder ist es eher der organisatorische Stress neben dem Job? Hier kommt die Marktforschung als Vorbereitung ins Spiel. Sie finden am Ende des Artikels öffentlich verfügbare Studien, auf die ich mich an einigen Stellen hier beziehe.

Mit einer Vielzahl an statistischen und subjektiven Informationen ist es möglich, bestimmte „Hilfsvorurteile“ über die Zielgruppen zu entwickeln. Dies nennt man auf „werbisch“ dann „Personas“. Solche fiktiven Personen kann man als Arbeitshilfe wählen und daran die Kommunikations-Strategie ausrichten – wobei man verstehen muss, dass vieles individuell bleibt. Dies ist auch der Ausgang, um die Inhalte zu planen. Der Aufwand dabei kann ganz unterschiedlich sein. Bereits eine gezielte Reflektion der Kundenerfahrung kann nützlich für die Konzeptentwicklung sein.

Zu welchen Anlässen entscheiden man sich für Sanierungen?

Das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) hat folgende Anlässe benannt:

Sanierungsanlass
Möglicher Initialkontakt
Erwerb Gebrauchtimmobilie
Bei Eigentumsübertragung (Maklergespräche, Vormerkung Grundbucheintrag, Beratung Baukreditgeber)
Notwendige Instandhaltungsarbeiten
a) Beratung Baukreditgeber
b) Gebietsbezogen: Vor-Ort-Kampagnen in sanierungsbedürftigten Gebieten (Baualter) -> stadt-/ortsteilbezogene Beratung
Akute Defekte und anstehende Probleme
Fachhandel für Sanierungsbaustoffe/Bauteile (insb. Fenster und Heizung), Handwerker, Verbrauchermessen zum Thema Bauen und Sanieren, Baumärkte

Wie informieren sich Sanierungswillige?

Zu der entscheidenden Frage liegt mir leider noch keine Studie zu vor. Folgende Informationswege vermute ich. Was meinen Sie?

  • Gespräche mit Bekannten
  • Gespräche mit Handwerkern und Architekten
  • Energieberatung
  • Googeln, Lesen in Blogs und weiteren Online-Medien
  • Fachzeitschriften und Bücher lesen

These 3: Dialoge sind das A und O in der Kommunikation für Energieeffizienz.

Als das enef-Haus erforscht wurde merkte man, dass eigentlich genug allgemeines Wissen zur energetischen Sanierung vorhanden ist. Vielmehr sind der Nutzen und die Machbarkeit am konkreten Gebäude die unbekannte Stellschraube. Individuelle Dialoge geben das Gefühl der Machbarkeit und sind ausschlaggebend in der Entscheidung für energetische Modernisierung. Dies spricht für Gebäude-Checks und ausführlichere Energieberatungen.

Ich selbst hatte einen anderen Zugang zur gleichen Schlussfolgerung. Der Vortrag eines Neurowissenschaftlers hat mir vor Augen gehalten, dass die kognitive Einsicht allein kein Verhalten ändert, sondern die Befriedigung individueller unbewusster Motive. Auch dies kann in einer empathischen Beratung einfließen. Aus diesem Impuls entwickelten wir „EnergieCafés“ in denen vor Ort im Dorf Fragen gestellt werden können. Als Ansprechpartner sind Mitarbeiter der Energieagentur, Energieberatung und Handwerker zugegen. Ein Vorwort der Bürgermeisterin und kulturell verankerte Gruppen wie „Erzählcafés“ sind starke Partner. Wir gehen dort hin, wo man sich ohnehin trifft.

These 4: Ein Zuhause ist mehr als ein U-Wert.

Es gibt in der Kommunikation ein „zu technisch“ – sogar bei Männern. Ein Zuhause ist der Ort in dem man alt werden will. Ein Zuhause ist der Ruhepol nach der aufregenden, manchmal stressigen oder entsetzlich langweiligen Arbeit. Ein Zuhause kann das Nest sein, in dem man seinen Kindern das Urvertrauen in die Welt geben will. Ein Zuhause ist Teil des Lebenswerkes – eine Erweiterung des Selbstbildes – das stolze  Statussymbol in der individualisierten Gesellschaft. Die Frage ist also, wie man den Blumenstrauß an Nutzenversprechen vermittelt. Ich halte etwas von Positivbeispielen in der Nachbarschaft – ein persönlicher Bezug und das Gespräch am Zaun kann ausschlaggebend sein.

These 5: Energieeffizienz ist eine gute Geldanlage.

Aus meiner Sicht ist es gut die Energieeffizienz als Geldanlage zu vermitteln. Der Gewinn aus der Effizienz trifft bei vielen einen Nerv. Ein gelungenes Beispiel gibt es bei co2online.de. Dennoch bleibt es wichtig darüber hinaus weitere Motive in einer „Motivallianz“ anzusprechen. Hier in der Bundesrepublik ist das Sicherheitsbedürfnis immer ein guter Kandidat. Wie sind Ihre Erfahrungswerte damit?

These 6: Der Projekttrichter für energetische Modernisierungen geht von der Breite in die Tiefe.

Projekttrichter-BlogGanz oben im Eingang des „Projekttrichters“ wird die desinteressierte Öffentlichkeit gefüllt. Diese kann zunächst nur leicht sensibilisiert werden, was in der breitenwirksamen Medienkommunikation zum tragen kommt. Das ist der Ort in dem die einsilbigen Vorurteile „Dämmung schimmelt und brennt immer“ geformt werden und entkräftet werden ssollten. Diesen Rezipienten ist das Thema zunächst egal. Hier klickt kaum einer von sich aus. Die Aufmerksamkeitszeiten sind sehr kurz.

In der Tiefe des „Projekttrichters“ steigt das „Involvement“, wie man auf „werbisch“ das Betroffenheitsgefühl bezeichnet. Langsam können Stichworte in einer Anzeige Aufmerksamkeit gewinnen. Je Betroffener sich jemand fühlt, desto aktiver wird gesucht. Es muss erarbeitet werden, welche konkreten Suchbegriffe verwendet werden. Es wird mehr als die Überschrift gescannt. Mit dem steigenden Interesse kommen Dialoge zum tragen – das loose Interesse kann zu einem konkreten Vorhaben werden. Hier werden auch ganze Artikel gelesen. Die Energieberatung ist der Abschluss des Projekttrichters, aus dem zu zusätzlichen energetischen Modernisierungen motiviert wird.

These 7: Wir brauchen knackige Botschaften für die Medien.

 

Das Thema ist komplex und individuell. Es mit plakativen Negativbotschaften zu zerreissen ist leicht. Ist es aber auch leicht, positive Botschaften in einer knackigen Weise zu entwickeln? Nein. Hier muss „sachlich unrichtig vereinfacht“ werden. Die differenzierte Antwort des Wissenschaftlers oder Gutachters ist untauglich und langweilig. Damit kann man keinen Redakteur hinter dem Ofen hervor locken. In Kürze will ich hierzu einen Vorschlag in Form einer „Blaupause“ machen. Wenn den Gedanken überraschend viele aufgreifen, könnte ein Agenda-Setting gelingen.

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