Beginnen wir mit guten Nachrichten für die Energiewende: Im November stiegen auf Google die Suchnachfragen zur „Wärmedämmung“ – also ist die Aufmerksamkeit dafür gestiegen. Mit der Aufmerksamkeit steigt die Kritik. In diesem Artikel will ich Ihnen erklären, warum ich darin eine große Chance für nachhaltige Dämmstoffe sehe.
In jenen warmen Wintertagen wurden die Energieeffizienz und der Klimaschutz öffentlich diskutiert und am dritten Dezember dann der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz beschlossen. Teil der darin beschlossenen guten Vorsätze ist ein wirksames Instrument für die Hauswende: Die „steuerliche Förderung“ von Energieeffizienz und erneuerbarer Wärme. Damit man wirklich seine Modernisierung von der Steuer absetzen kann, wird man sich mit den Ländern einigen müssen.
„Wärmedämmung“ wird öfter gegoogelt
Presse liebt Kontroverse
Auch dann wird die öffentlich Diskussion wieder anschwellen. In solchen Phasen veröffentlichen manche Pressevertreter Negativberichte. Aufgebaut sind diese nach dem gleichen Rezept: Dämmen sei schlecht. In den Kritikpunkten werden alle Dämmstoffe in einen Topf geworfen, mit den Nachteilen von Styropor und Wärmedämmverbundsystemen gleichgesetzt und anschließend mit einer skandalisierenden emotionalen Sauce verfeinert. Ganz zufällig? Hinter derartigen Negativberichten vermuten manche eine Kampagne. Wirtschaftliche Interessenskonflikte würden über unerklärliche Einflussnahmen auf Pressevertreter öffentlich ausgetragen. Auch mir ist dieser Verdacht bereits gekommen, auch wenn mir klar ist, dass die meisten Pressevertrerter ihren Beruf mit Würde und Anstand ausüben. Zu den Mechanismen der Presselandschaft können Sie hier auf SUSTAINMENT´s Blog einige Folgeartikel erwarten. Bei der Dämmstoffkritik sind widerkehrende Argumentationsmuster erkennbar. Viele schreiben ab – von wem eigentlich? Eine weitere Erklärung ist ein Populismus – was gerne gelesen wird ist gut. Ausgewogenheit, Recherche und Sachlichkeit fallen da schon mal unter den Tisch.
die Chance in der Kritik
Wie wäre es, wenn man die impulsive Abwehrhaltung und Empörung verwerfen würde? Es wird in einer freien Presse auch immer die Freiheit zu unausgewogenen Berichten geben. Man kann doch auch die kritischen Punkte aufgreifen und schlicht bessere Produkte ins Spiel bringen. Dies wäre die Logik fernöstlicher Kampfkunst. In unserem Sprachraum würde man „den Spieß umdrehen“. Was ist besser?
Qualitäten der Dämmstoffprodukte: Preise, Gesundheit, Recycling,..
Ich habe bei den konventionellen Dämmstoffen selbst mehr oder weniger zwiegespaltene Gefühle. Effizienz ist gut. Aber manche sind aus Öl und gelten als gesundheitsschädlich. Auch werden Recycleprobleme zugeschrieben. In meinen Ohren klingen Flachs, Hobelspänen, Holzfasern, Kork, Schafwolle, Strohballen oder Altpapier viel besser. Dafür haben die unterschiedlichen konventionellen Dämmstoffe den pauschalen Ruf billiger zu sein. Ob dieses wirtschaftliche Vorurteil wirklich immer stimmt will ich noch genauer ergründen. Haben Sie da Quellen? (Noch findet man im Internet keine Vergleiche aller Dämmstoffangebote.) In der echten Welt wird es immer Preiskäufer geben und damit wird immer ein Teil sparsamer Gebäude über billige Dämmstoffe umgesetzt werden. Mengenmäßig ist vielleicht aus diesem Grunde die Mineralwolle die Königin der Dämmstoffe.
Marktanteile unterschiedlicher Dämmstoffe haben sich parralel verschoben
In der „Metastudie Wärmedämmstoffe“ von dem branchennahen Münchner Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. wird auf Seite 74 die Entwicklung der Marktanteile beschrieben. Die Anteile haben sich über die Jahre parralel verschoben. Gerne hätte ich die Grafik hier gezeigt. Das FIW will jedoch für Veröffentlichungen schriftliche Genehmigungen erteilen, was mich signifikant stört (Öffentliche Forschungsgelder = Öffentliche Ergebnisse!).
2015: Das Jahr für nachhaltige Dämmstoffe
In der Gemengelage aus Kritik und rechtlich induzierter Nachfrage können alternative Dämmstoffe Marktanteile konventioneller Dämmstoffe erobern – wenn es gelingt die Vorteile konsequent auszuspielen. Sobald der Markt anzieht müssen die nachhaltigen Dämmstoffe bereits in die Köpfe gebracht worden sein. Das wäre gut für die Umwelt. Wie kann dies gehen?
Alternative Dämmstoffe richtig kommunizieren
Dabei muss ausgewogen vorgegangen werden, um keine einfache „gute Dämmstoffe“ und „böse Dämmstoffe“ Polarität aufzumachen – dafür ist die Glaubwürdigkeit zu kostbar. Vielmehr geht es darum die Wahlmöglichkeiten in die Köpfe zu bringen und zugleich die richtigen Emotionen zu berühren. Der „Interaktionspartner“ gehört in den Mittelpunkt. Die Präferenzen und Prioritäten zwischen Preis, Gesundheit, Ökologie, Aussehen, Brennbarkeit etc. sind im Kunden und nicht im Kommunikator verankert. Nicht nur deshalb sind Gebäudefragen Dialogthemen. Man braucht zu eigenen Fragen passende Antworten. Allgemeinwissen gibt es bereits. Aber Lösungswissen für das eigene Haus führt erst zur Entscheidung. Das merke ich in der Arbeit für eine Energieagentur immer wieder deutlich. Monologe über Informationsmedien reichen nicht. Selbst wenn die Inhalte fachlich gut sind, wie bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), werden diese erst durch Visualisierung und Dialoge richtig gut.
An Preisen kommt keiner vorbei
Welche Fragen beschäftigen die Häuslebauer wirklich? Eine kommt immer: Alle wollen wissen was es kostet und wieviel Geld eingespart werden kann. Manche wollten dies ausklammern, wovon ich abrate.
Viele suchen die Kombination zwischen Wärmedämmung und Kosten. Ein Portal, dass die Preise und weitere Kriterien aller Dämmstoffe vergleicht, gibt es bislang nicht.
Um diese Fragen genauer zu ergründen freue ich mich bereits auf einen Folgebeitrag, bei dem Helmut Drechsler aus dem Nähkästchen plaudern will. Er ist ein auf nachwachsende Rohstoffe spezialisierter Consultant, der einige Jahre über die Aufklärungskampagne Bau-Natour mit den Zielgruppe im Gespräch war.
Das Thema ist richtig verstanden und selbstverständlich kann nur gekonnte Kommunikation den Gegenwind zur Vorwärtsbewegung nutzen. Da gibt es noch viel zu tun. Man traut sich ja an die ernsthaften Kritiker nicht mal mit der Kneifzange ran, was diesen nur noch mehr Mediennachfrage beschert.
Die raffinierten Urheber der Antidämmkampagne sind übrigens endlich ausfindig gemacht. Burkhard Schulze Darup: „Es läuft seit drei, vier Jahren eine sehr geschickte Kampagne gegen das Dämmen. Verbände der Bau- und Energiewirtschaft haben inzwischen festgestellt, dass es für sie wirtschaftlich schädlich ist, wenn sich Energieeffizienz durchsetzt. Zum Beispiel, weil weniger Gas oder Öl verkauft wird.“ (Nürnberger Nachrichten 3.2.2015). So einfach kann es sein, wer hätte das geahnt? Doch gegen diese unheimlichen Mächte anzukommen, das ist bestimmt nicht so leicht.
Konrad Fischer
Hallo Kilian, mit Technologieoffenheit verbinde ich folgende Fragen: Welches Bauteil soll gedämmt werden, was muss der Dämmstoffe speziell dort leisten, ist es ein Dämmsystem ( z. B. WDVS) oder eine Dämmplatte, welcher U-Wert wird verlangt – und: will ich eine Förderung. Dann wähle ich aus. Jeder Dämmstoffe benötigt einen Verwenundgsnachweis (Produktnorm, allg. bauaufsichtl. Zulassung, etc.) – egal ob er nachwachsende Rohstoffe enthält oder nicht. Wenn du Dämmstoffe vergleichen willst, bietet sich die EPD an. Allerdings sollte man dann vom gleichen Nenner ausgehen, also für den Vergleich den gleichen U-Wert des Bauteils wählen. Es ist gut, dass es unterschiedliche Dämmstoffe gibt; Kunststoffe, aus teilweise nachwachsenden Rohstoffen, Nischenprodukte, etc. Das fördert Technologieoffenheit.
Ja, Kritik bietet eigentlich immer eine Chance, wenn man zuhören will. Das Problem: Dämmstoffe sind immer nur ein Bestandteil eines Bauteils – Dach, Wand, Boden, Decke. Als Bauteilschicht sind sie nicht sichtbar, das Material und seine Eigenschaften müssen aber zum Rest passen. Holzwolle, Strohballen, Altpapier klingt gut. Aber auch diese Dämmstoffe werden industriell hergestellt und bestehen nicht zu 100 % aus nachwachsenden Rohstoffen, weil sie sonst die Anforderungen am Gebäude nicht erfüllen könnten. Ich wünsche mir auch mehr Sachlichkeit, Technologieoffenheit und weniger Romantik. Der GDI hat eine Baumarktstatistik über konventionelle Dämmstoffe veröffentlicht, also EPS, XPS, Mineralwolle und PU. Die ist verfügbar. Der Name ist etwas irreführend; es geht nicht um Dämmstoffe in Baumärkten sondern um Marktanteile. Vielleicht hilft dir das weiter.
Hallo Petra, Sachlichkeit ist schon ein guter gemeinsamer Nenner. Ich empfinde einseitige Übertreibungen und Weglassungen auch als störend. Wie beschrieben möchte ich auch keine schwarz-weiß Darstellungen. Allerdings funktioniert Kommunikation nicht ohne Emotionen. Deine Relativierung ist richtig, dass keine Dämmstoffe zu 100% aus nachwachsenden Rohstoffen oder zu 100 % aus upgecycelten Materialien bestehen. Dennoch sind sachliche Unterscheidungen ebenso nötig wie sachliche Relativierungen. Als Rohstoffe sind mir Altglas und Altpapier sympatischer, als agrarindustrielle Baumwolle aus riesigen Monokulturen oder Erdöl. Auch der Primärenergieeinsatz wäre eine Dimension, der sachlich vergleichbar ist. Wenn Technologieoffenheit bedeutet, dass man keine unterscheidenden Informationen haben will und Gleichmacherei betreibt, dann halte ich davon wenig. Ich fände unabhängige Informationsangebote gut, mit denen potentielle Häuslebauer unterscheiden können gut. Oder meinst Du mit Technologieoffenheit, das keine der Technologien regulatorisch benachteiligt werden?
Ich sehe die Kritik an der Dämmung und dem Material Polystyrol im speziellen auch als eine Chance. Man kann ja nur durch Kritik besser werden und jede Kritik, auch unsachliche und übertriebene Kritik, hat einen wahren Kern. Man sollte die Chance erkennen und das Thema als ein Bestandteil der Gebäudesanierung insgesamt einordnen, mehr positive Argumente suchen, auf die begründete Kritik eingehen und damit zur Versachlichung beitragen.