Steckdosen und fließender Strom sind in reichen Ländern wie Deutschland von klein auf selbstverständlich. Als gebürtiger Niedersachse kann ich nur ahnen, welchen Unterschied die Elektrifizierung ausmachen kann. Heute bin ich in Malawi – einem afrikanischen Land in dem weniger als 9 % mit Elektrizität leben. Manchmal vergessen wir, dass die Energie der Grundpfeiler unseres komfortablen Lebens ist.
Wir haben materiellen Wohlstand, einen guten Zugang zu Bildung, ein soziales Auffangnetz, Gesundheitsvorsorge und einen vergleichsweise gut funktionierendem Staat. Bevor ich zu Energie in Afrika komme, kann ich mir einen Seitenhieb in die „entwickelte“ Welt nicht verkneifen: Anstelle einer schwachen Wirtschaft, zersetzen bei uns starke Unternehmensvertreter die kostbare Demokratie. Manch einer würde es mit Blick auf Lobbyismus und Intransparenz sogar überspitzt als „Wirtschaftsdiktatur“ bezeichnen.
Elektrifizierung für ein besseres Leben
Mit der Verbrennung von Kohle und Öl, was in im großen Stile in britischen Schlöten angefangen hatte, sind Wohlstand und Klimawandel entstanden. Einige Errungenschaften des Wohlstandes wünsche ich den vielen freundlichen Leuten hier in Malawi und dem gesamten magischen afrikanischen Kontinent, am besten ohne dabei unser aller Atemluft zu erwärmen.
In Malawi dominiert die Biomasse mit 84 % der Primärenergie in 2008. Viele können nur diese Ressource nutzen und schädigen aus dieser armutsbedingt alternativlosen Situation heraus auch das Ökosystem. Beim Strom dominiert die hiesige Wasserkraft, die unter dem sinkenden Flußpegeln leidet. Ich habe in der Hauptstadt Lilongwe munkeln gehört, dass man erwärmender Weise mit der historische Kohlekraft liebäugelt. Es sind alte Denkweisen, mit denen man noch nicht die Chancen erneuerbarer Energien für die Industrie sieht. Im benachbarten Mozambique bietet der Kohleabbau ein leichtes Wirtschaftswachstum. Das Dilemma „Wohlstand+Klimawandel“ kann nur mit erneuerbaren Energien als Teil einer „green economy“ gelöst werden – dort wo es sich rechnet.
Solare dezentrale Elektrifizierung ist billig
Für Länder wie Malawi sind die Potentiale der unterschiedlichen Solartechnologien enorm. Im ländlichen Raum ist der Bau von solaren Inselsystemen dem Netzausbau samt konventionellen Kraftwerken weit überlegen, was mir hier auch befreundete Mitarbeiter von NGO´s berichtet haben.
Wenn man wie in Deutschland Energie bereitstellt, liegt die ökonomische Schwierigkeit in der fehlenden Nachfrage. Wie die Henne und das Ei kann sich manch eine Wirtschaft erst entwickeln, wenn Energie verfügbar ist und anders herum kann sich die Energiewirtschaft erst entwickeln, wenn Energie abgenommen wird.
In meiner Recherche haben mir Kollegen in der internationalen Gruppe unserer Energieblogger geholfen. Der amerikanische Journalist Craig Morris konnte mir bestätigen, dass Solarenergie als Inselsystem eindeutig billiger als ein Dieselgenerator ist. Hier an einer malawischen Tankstelle zahlt man ähnliche Preise wie in Europa, obwohl das Einkommen krass unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Anna Leidreiter vom World Future Council hat mich auf eine EU-Präsentation verwiesen, die Craigs Aussage bestätigt: Bereits in 2011, war die Photovoltaik dem Dieselgenerator in Malawi überlegen: In Eurocent kosteten damals PV-Anlagen 25 – 35 ct. / kWh gegenüber 30 – 50 ct. / kWh für Strom aus dem Dieselgenerator.
Verbreitungspraxis für Solarenergie in Malawi
Für Malawi und weitere afrikanische Länder wurde mir das Sozialunternehmen Sunny Money genannt. Ich habe mich mit Francois in Lilongwe getroffen. Die aus einer britischen NGO hervorgegangene Unternehmung hat sich auf ganz kleine Lösungen im ländlichen Raum spezialisiert. Es werden beispielsweise Lernlampen über Lehrer an Eltern vermarktet, mit denen nach nur 10 Wochen die Kosten der alten Brennstoffe wie Petroleum eingespielt werden. Wer nun an der Zahlungskraft zweifelt liegt falsch: In manchen Monaten werden bereits 9.000 „Study Lambs“ verkauft. Als wichtigste Botschaft hat mir der junge kanadische Geschäftsführer ein Paradigma mit auf den Weg gegeben:
Wir dürfen Afrikaner nicht als arm und bedürftig betrachten. Vielmehr müssen wir sie respektvoll als Menschen mit eigenen Prioritäten sehen. Wenn das Angebot wirklich überzeugt, werden sie auf ein echtes win-win eingehen.
Mit Solarthermie dürfe hier auch einiges möglich sein. Trotz der vielen Stunden heizen viele Wasser mit Strom. Wer an solch einem Geschäft ein Interesse hat, möge sich melden.
Als weitere praktische Ansprechpartner wurden mir von den Bloggerkollegen www.phaesun.com/de und www.plugintheworld.com genannt.
Und Industrie mit erneuerbaren Energien?
Wenn Kohle und Atom vermieden werden und man Industrie will, dann ist aus Klimaschutzsicht die ländliche Elektrifizierung im afrikanischen Raum nur ein guter Anfang. Ebenso wie bei der deutschen Industrie fehlen hierzu Erkenntnisse, Erfahrungen und Zahlen. Welche Industrien kann man bereits wettbewerbsfähig und erneuerbar betreiben? In den vielen Dialogen konnten mir weder konventionell als auch erneuerbar ausgerichtete Gesprächspartner belastbaren Quellen nennen. Haben Sie dazu Hinweise? Diese große Frage für die Wunschvorstellung der „green economy“ bleibt noch unbeantwortet. In wie weit und welche Industrien, sind heute auf erneuerbarer Basis wettbewerbsfähig? Für unsere Enkel brauchen wir dafür zügig Lösungen.
Quellen zu solarer Elektrifizierung
Für den Adlerblick sind die IRENA und die deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) die richtigen Ansprechpartner. Gut, dass ich mit letzteren heute Fußball schaue. Im globalatlas.irena.org kann man wunderbar Potentiale einsehen.
[…] Mit solarer elektrifizierung aus dem Wachstumsdilemma […]