Die „Konsultation“ ist im vollen Gange und ich bin erleichtert, dass der Kapazitätsmarkt vom Tisch ist. Wie Thorsten bereits in seinem Artikel „Der Kunde im Strommarkt 2.0 der Energiewende“ gesagt hat, sind in diesen Monaten die Verbraucherschützer gefragt. Der Energiemarkt 2.0 ist nicht für den kleinen Mann samt seiner Bürgerenergie gemacht worden. Für die Vermarktung wird man immer „Mittelsmänner“ benötigen, wenn beispielsweise „positive und negative Regelenergie“ mit seinem kleinen BHKW oder Stromspeicher verkaufen will. Der eigentliche Stromhandel bleibt einer größer gewordenen, aber exklusiven Gruppe, vorbehalten. Ebenso interessiert mich die Rolle der erneuerbaren Energien im Strommarkt 2.0. Stehen Wind und Sonne für den Klimaschutz ausreichend im Mittelpunkt?
In dem herausragend verständlich formulierten Weißbuch findet man einige Passagen zu erneuerbaren Energien.
Wind und Sonne sind die Strompreissenker
In Kapitel 3 erklärt man auf S. 38 die Gründe für den Strommarkt:
Zweitens verändert der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie,
wann welche Kapazitäten die Strompreise setzen.
Mit dem Ausbau von Wind- und Sonnenenergie decken nach Anpassungen im Kraftwerkspark immer mehr flexible Kapazitäten (Spitzenlastkapazitäten) anstelle großer Kraftwerke (Grundlastkapazitäten) die restliche Nachfrage. Während die variablen Kosten von Wind und Sonne bei nahe null liegen, haben die flexiblen Kapazitäten höhere variable Kosten. Daher wird der Strompreis zukünftig stärker und häufiger schwanken: in Zeiten von viel Wind und Sonne wird er niedrig sein, bei Flaute und Dunkelheit wird er durch relativ teure, flexible Kapazitäten bestimmt. Strom aus Photovoltaikanlagen senkt die traditionell hohen Preise in der Mittagszeit.
Der billige Solar- und Windstrom senkt die Preise. Die variablen Kosten für fossile Brennstoffe (Öl, Gas, Kohle) hingegen verteuern den Preis an der Börse. Wertvoll wird der Strom bei Flaute und Dunkelheit. Dann kommt der teure fossile Strom zum Einsatz. Als Betreiber von Wind- und Solar wird man für das Wetter bestraft, dass sich nicht an „den Markt“ anpasst. Das würde mich bei der Bioenergie und dem Lastmanagement nicht stören, wenn denn nicht auch die Brennstoffkosten der Fossilen damit querfinanziert werden. Soweit so gut.
Wer profiert davon?
Auf Seite 39 Kapitel 3 wird zu langfristigen Lieferverträgen am Terminmarkt erklärt, wie dort Erneuerbare den Preis senken:
Über diese langfristigen Lieferverträge können planbare Kapazitäten sogar direkt von einer hohen Einspeisung aus erneuerbaren Energien profitieren. Hat ein Stromerzeuger seine Erzeugungskapazität bereits zuvor am Terminmarkt verkauft, kann er seine unternehmerische Strategie so auslegen, dass er von einer großen Einspeisung von Wind- und Sonnenstrom profitiert. Fallen die Strompreise am Spotmarkt unter die variablen Kosten seiner eigenen Anlage, dann kann er seine Produktion drosseln oder ganz abschalten, Strom zu geringeren Preisen am Spotmarkt kaufen und damit seine Lieferverpflichtung erfüllen. Damit spart er Brennstoffkosten und erfüllt dennoch seine Verpflichtung zur Lieferung von Strom.
Dieser Vorteil geht also an die Stromhändler und die gewerblichen größeren Stromkunden.
Der Strompreis senkt sich nicht für den Verbraucher
Die Schere der fairen Lastenverteilung wird also nicht geschlossen. Es profitieren diejenigen, die bereits bevorteilt werden. So hatten die Ökonomen des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) bereits viele verbilligende Schlupflöcher für Gewerbestromkunden beschrieben. Die undurchsichtigen Rabatte gibt es bei der EEG – Umlage, der KWK – Umlage, den Netzentgelten und der Stromsteuer. Viele Industriebetriebe zahlen im Vergleich zu privaten Haushalten nur einen Bruchteil der Regelsätze bei Steuern und Abgaben.
Die Preissenkung müsste auch an Verbraucher weiter gegeben werden
Wenn der Strom an der Börse durch Erneuerbare billig wird, dann finanziert man also die Ausgleichsenergie mit. Das wäre O.K., wenn diese nicht fossil wäre. Jedoch müsste davon auch etwas an Verbraucher weiter gegeben werden. Wie das gehen könnte wurde in der TAZ beschrieben:
Felix Matthes vom Öko-Institut plädierte deshalb dafür, die gesetzliche Vergütung für Solar- und Windstrom in „einen festen und einen variablen Bestandteil“ aufzuspalten. „Der variable Vergütungsbestandteil sollte den zeitgenauen Wert des erzeugten Stroms auf Grundlage der jeweiligen Börsenpreise reflektieren“, sagte Matthes.
Eine Lösung in diese Richtung wurde im Weißbuch nicht berücksichtigt. Im Zieldreieck aus „Bezahlbarkeit“, „Versorgungssicherheit“ und „Klimaschutz“ spart man am Klimaschutz und beschränkt die Bezahlbarkeit auf Unternehmen. Damit sind heutige und künftige Generationen die „Gelackmeierten“.
Versorger sehen rot, ganz praktisch und ohne Theorie:
http://www.platts.com/latest-news/electric-power/portland-maine/california-retail-electricity-sales-growth-to-26144110
Erstaunlicher Nutzername – der so gar nicht zum Kommentar passt. Ist der Vorgang in California nicht auch Jener, der in der Bundesrepublik seit einigen Jahren passiert? Wenn Versorger rot sehen, dann könnten sie doch selbst darin investieren und dies nicht wie in Deutschland es zu spät angehen.