Wie fühlt es sich an in einer Branche zu arbeiten, die in nur drei Jahren 75.000 Kollegen eingebüßt hat? Nicht gut. So stelle ich es mir vor, als einer der es nur am Rande erlebt hat. Zukunftsangst, Frust, Wut und Ohnmacht dürften die Betroffenen gut kennen. Und nun? Steckt diese Solar-Branche mit dem Kopf im Sand? Oder erwachsen aus dem Druck Innovationen und ein gereifter Blick nach vorne?
Mit dieser Frage bin ich nach Köln zur 5. Photovoltaik-Anwenderkonferenz gefahren, die jährlich von und beim riesigen TÜV-Rheinland veranstaltet wird. Die Photovoltaik ist wie das gesamte Konzert der erneuerbaren Energien alternativlos. Klimafolgen hingegen sind erbarmungslos. Für die Lösungen ist eine klare Haltung wichtig – daher:
„Klimaschutz ist keine Emissionen und nicht weniger Emissionen“
Mit diesen Worten brachte Hans-Josef Fell die Lage auf den Punkt. Der Politiker kam mit einem inspirierenden Machergeist nach Köln:
„Ich lasse mir nicht mehr sagen, dass etwas etwas nicht gehen würde.“
Selbst hatte Fell doch mit dem EEG die Saat für die heutigen 25 % erneuerbaren Strom in unserem Land gesäet. Diese konstruktive Haltung brauchen wir, denn mit jedem verbrannten Gramm CO2 wird der Klimaschutz eine härtere Aufgabe. Fell hielt bei allen motivierenden Worten mit keiner Weise Kritik hinter dem Berg. Vorbildlich übersetzte er die anstehenden Herausforderungen in entschlossene Handlungsmotivation. In der gleichen Not verfallen viele in destruktive Polemik.
Von den Grünen erwarte ich, dass dieser Mann zurück in die erste Reihe gehoben wird. Dieses Format hat dort sonst weit und breit keiner der grünen Energiepolitiker. Zu zahnlos tritt die Partei der Atomkraftgegner auf und vernachlässigt den entschlossenen Streit für den Klimaschutz im Bundesrat.
„Was Photovoltaikbetreiber wirklich wollen –
Marktchancen für Solarhandwerk und Dienstleister“
So lautete der Vortragstitel von Thomas Seltmann. „Marktchancen“ müssen gefunden werden. Dafür muss man seine Pappenheimer gut kennen:
Steckbrief befragter Photovoltaikbetreiber
Thomas hatte beachtliche Umfrageergebnisse im Gepäck, die er mit Jürgen vom Photovoltaikforum und dem Deutschen Solarbetreiber-Club (DSC) erhoben hatte. Ich umreisse hier einen groben Steckbrief: Die Mehrzahl der befragten Anlagenbetreiber sind zwischen 40 – 65 Jahre jung. Die meisten Solaranlagen haben eine Größe von 5 bis 30 kWp Leistung.
Diese Anlagenbetreiber interessieren sich …
… wenig für Pannenhilfe – das Ding läuft ja irgendwie.
… wenig für Monitoring und Ertragsoptimierung.
… wenig für Unterstützung in Versicherungsangelegenheiten.
… stark für Unterstützung in Netzbetreiber-Angelegenheiten.
… stark für Unterstützung in Steuer- und Versicherungsfragen.
Für eine gelingende Positionierung ist Marktforschung Gold wert. Wer sein Unternehmen klar positioniert, der weiß ganz genau für wen er was anbietet und präsentiert sich entsprechend. Dadurch, so sagt die Theorie, wird das Angebot einprägsamer. Das Gegenteil wäre die eierlegende Wollmilchsau, die meint alles zu können. Leider wird die Marktforschung wegen des Aufwandes zu oft weggelassen. Viele Unternehmen verhalten sich dabei wie Ärzte, die sich vor der Diagnose, für eine Behandlung entscheiden.
Mit der Denkzentrale Energie brachte Thomas weitere Ergebnisse mit: Als Handlungsmotiv treibt immer mehr die Unabhängigkeit und die Absicherung gegen steigende Strompreisen an. Die Technikbegeisterung und der ökologische Gedanken bringen immer noch viele zur Solaranlage.
Wie sind die PV-Anwender drauf?
In den Gesprächen am Rande der Konferenz bin ich nach den notwendigen Aufwärmworten durchaus auf optimistische und innovative Geister gestoßen. Die Technik selbst scheint sich wenig zu wandeln. So kam einer der Gäste nur noch zum Networken. Meinem Eindruck nach haben sich einige aber auch mit einer kleinen Perspektive abgefunden. Die Achterbahn aus Boom und Crash hat Spuren hinterlassen. Damit keine hemmende Abwärtsspirale entsteht, ist es so wichtig, dass die Mitarbeiter und Unternehmer ihre eigenen Rezepte für einen konstruktiven und unerschütterbaren Optimismus finden. Unternehmertum ist wie Hochleistungssport – Erfolg wird zwischen den Ohren entschieden.
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