Mit der Wahl zum Vorstand der Energieblogger haben wir; Conny, Thorsten und ich eine neue Verantwortung übernommen. Was werden wir daraus machen? Werden wir mit „einer Stimme“ ständig Positionen in die Welt schicken, so wie es Lobbyverbände und Parteien machen? Werden wir nun unseren Mitgliedern sagen, was die Energieblogger-Doktrin ist, weil wir es als gewählte immer besser wissen?
Nein.
Warum nicht?
Es liegt am unfreien Wesen gemeinsamer Positionen. Wenn eine Position alle Meinungen reflektieren soll, dann wird diese entweder unbrauchbar weichgespült sein oder einen Teil der Meinungen unterdrücken. Wir wollen zu lebendiger Meinungsfreiheit ermutigen.
Es gibt auch ein Gegenbeispiel. Wir haben eine Bedingung, die zugleich Ziel und Position ist. Wer bei uns sein und bleiben will, der setzt sich für 100 % erneuerbare Energien ein, die in der Hand von möglichst vielen Bürgern sein sollen.
Zur Frage aber, wie man zu diesem Ziel kommt, gibt es naturgemäß viele Ideen. Das ist gut so. Das kann nur so sein. Ideenvielfalt und konstruktive Diskussion ist das Futter mit dem Innovation gedeiht. Meistens führen viele Wege nach Rom. Verfrühte Festlegungen werden kaum der Komplexität gerecht.
Wir Energieblogger sind keine Partei.
Unsere Aufgabe ist es, weder Abstimmungen in einem Parlament zu organisieren, noch eine Wahl zu gewinnen.
Wer eine Position erarbeiten will, der beginnt in einer Diskussion und hat im ersten Schritt eine Synchronisation des Wissensstandes, findet Gemeinsamkeiten, lernt etwas dazu und identifiziert ebenso Meinungsunterschiede.
Dann aber beginnt der widerliche Teil. Rudelsführer streiten um die Deutungshoheit. Wer eher still ist, der kommt schon gar nicht mehr zu Wort. Besonders Lautstarke reiben sich und verfangen sich im Hahnenkampf und Machtspielen. Allianzen werden gebildet. Reibereien werden ausgetragen. Im Ergebnis hat ein Teil viel und ein anderer Teil wenig durchgesetzt. Andere müssen gar ihre eigene Meinung aufgeben – sie wurden „überzeugt“. Die eigene ehrlich gemeinte Meinung opfern? Das ist für den aufrichtigen Ausdruck der Meinung inakzeptabel.
Politiker nennen diesen Prozess „Meinungsbildungsprozess“. Ich hasse dieses opportunistische Verhalten der „Fahnen im Wind“. Dazu kommt ein Fraktionszwang in dem man sich entweder ein bisschen durchgesetzt hat oder gegen die eigenen Überzeugungen stimmt. Am Ende wissen die armen Leute nicht mehr was sie selbst einmal von tiefsten Herzen aus für richtig gehalten haben.
Bloggen aber ist der Ausdruck der eigenen Meinung
Wir sind stolz auf unsere gelebte Meinungsfreiheit. Wir wollen zum eigenen Denken und Mitreden ermutigen und nicht folgsame Lämmer einnorden. Wir wollen miteinander diskutieren und erleben Kontroverse entspannt als Erweiterung unseres Wissens über Positionen. Die Meinung zu vertreten führt manchmal zu Nachteilen. Da denke ich an die Abhängigkeit vom Wohlwollen der Arbeitgeber oder Auftraggeber. Ebenso ergeben sich daraus Chancen, wenn andere einfach wissen woran sie sind.
Wir Blogger stehen mit unserem Namen für die eigene Meinung ein. Da können wir keine lauen Kompromisse wie in der Politik gebrauchen.
Wir sind freier als Journalisten in Redaktionen
Energieblogs unterscheiden sich von klassischen Redaktionen der traditionellen Presse: Wir haben mehr innere Pressefreiheit. Bei uns kommt kein Redakteur, der sagt: „Änder die Überschrift“, „es ist anders als Du schreibst“ oder „so veröffentlichen wir das nicht“.
Wir hingegen schreiben einfach einen Kommentar unter einen Artikel, wenn uns darin eine Aussage nicht passt. Danach gibt es anstelle einer inneren Zensur die Chance zur transparenten Diskussion. Diese Freiheit hat auch bei uns Leitplanken. Beispielsweise ist Werblichkeit im Artikeltext ein Tabu.
Fazit
Lass uns lieber zuerst den anderen verstehen lernen, statt den veralteten Meinungsbildungsprozess fortzusetzen. Wir haben eine andere Rolle als Parteien und traditionelle Medien: Persönliche Meinung ausdrücken und im Dialog aufklären ist etwas Anderes, als allwissend anonym zu berichten oder politische Entscheidungen zu organisieren.
Wir äußern unsere Meinung frei. Wenn es darauf eine Resonanz gibt, dann haben wir einen Nerv getroffen und schieben dadurch ein Thema an, das wirklich zieht. Themen die so auf die Agenda kommen haben Durchschlagskraft. Das ist ein natürlicher unkontrollierbarer Vorgang.
Natürlich bleibt es beim gemeinsamen Nenner, die 100 % erneuerbaren Energien in Bürgerhand zu fordern. Deshalb ist unsere Position, dass wir keine Positionen beziehen, wenn es keine komplette Gemeinsamkeit gibt. Falls Sie nun denken, dass wir als Gemeinschaft nicht unsere Stimme in die Wagschale werfen, dann täuschen Sie sich. Wir werden das tun: Auf unsere Weise, die zu Bloggern passt und mit Sicherheit auch mal unbequem werden kann.
das ganze tolerante geschreibe entlarvt sich leider schnell als ideologie-papier: ‚Wer bei uns sein und bleiben will, der setzt sich für 100 % erneuerbare Energien ein,‘ soviel dann zur eigenen meinung, die ja mit dem rest völlig einverstanden sein kann, aber aus technischen und/oder wirtschaftlichen gründen ein 70%-ziel über alle energieverbräuche (strom, wärme, verkehr, industrie) für wesentlich realistischer hält. das maximum muss nicht das optimum und schon garnicht erstrebenswert sein!
gruß schwiedop
Hallo Herr Schwiedop, es stimmt schon, dass ich den Klimawandel für eine reale Bedrohung halte. Es stimmt, dass wir uns dagegen stemmen wollen. Wir denken vom Ziel her und diskutieren notwendige Lösungen in einer offenen Weise. Notwendig ist, die THG-Emissonen drastisch zu reduzieren, ohne übermäßige wirtshaftliche Belastungen wie Atomalstlasten zu fabrizieren. Sie werden Ihre Gründe und Erfahrungen haben, weshalb Sie das Ziel für unrealistisch halten. Die „Bürgerhand“ steht für eine hohe Akteursvielfalt. In diesem Blog finden Sie einige Artikel, die erklären, weshalb diese für Tempo in der Energiewende wichtig ist.
Danke, lieber Kilian – genau so!