Nach einer destruktiven Befürwortung neuer Kohlekraftwerke hat Peter Altmaier nun für den Zeitraum bis zur nächsten Wahl einen 10-Punkte-Plan vorgestellt. Einigen dieser Arbeitsziele habe ich für den Blog auf den Zahn gefühlt.

Vorab möchte ich die kommunikative Haltung des Ministers loben. Das Ministerium verwendet die Ich-Perspektive, womit Herr Altmaier zu seiner Subjektivität steht. Nicht die künstliche Objektivierung, wie sie in politischen Konzepten oder der Wissenschaft üblich ist. Es wird nie eine objektive Beschreibungen ohne menschliche Subjektivität geben, selbst wenn methodisch perfekt gearbeitet wird. Außerdem wird die persönliche Schilderung wie in Blogs von den meisten Menschen als angenehmer wahrgenommen.

Für den Blog habe ich mich nur mit den Aspekten zur deutschen Energiewende beschäftigt (Punkt 1). Auf die in dem Plan ebenfalls behandelten Themen globale Klimapolitik, nukleare Endlagerung, Fracking und die anderen Umweltschutzthemen möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Es würde den Rahmen diese Beitrags sprengen.

Wie der BEE (Bundesverband Erneuerbare Energien) feststellt, fehlen im 10-Punkte-Plan die Bereiche Wärme und Mobilität. Wie so häufig wird nur Elektrizität thematisiert. Der BEE würdigt hingegen, dass Herr Altmaier keine überstürzten “Schnellschüsse” will. In dem Text habe ich neben schönen Appellen verschiedene Punkte identifiziert, die ich im folgenden kommentieren werde.

Das Erneuerbare Energien-Gesetz im Herbst überarbeiten und mittelfristig abschaffen

„Ich werde Ende September einen Verfahrensvorschlag zu einer grundlegenden Überarbeitung des EEG vorlegen, der die Probleme benennt, die gelöst werden müssen,

[…]“

Als Probleme schildert Altmaier das Ausbautempo der Windenergie und große Biogasanlagen. Er will auch über Quotenlösungen diskutieren, die beispielsweise bereits in Großbritannien gescheitert sind. Anlass ist die Preisdiskussion für Verbraucher. Die FDP hatte sich durch Philipp Rösler sogar für die Abschaffung der Ökostrom-Förderung ausgesprochen.

Wenn man das EEG verbessern will, dann ist die Preissenkung für Verbraucher eine wichtige Zieldimension. Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) fordert:

„[…]die Subventionen für Unternehmen beim EEG und Netzentgelten abzubauen. Auch eine Streichung der Stromsteuer würde die Kosten gerechter verteilen.“

Meiner Meinung nach darf es gerne um ökonomische und ökologische Optimierung gehen, aber in keinem Fall um einen langsameren Ausbau der erneuerbaren Energien.

Wenn Herr Altmaier über die mittelfristige Abschaffung des EEG spricht, dann meint er 10 – 15 Jahre. Der Grüne Hans-Josef Fell kritisieren dies sofort scharf. Langfristig ist diese Forderung hingegen schon angebracht, denn nach einer notwendigen Anschubfinanzierung werden erneuerbare Energien auch im freien Markt besser sein. Insbesondere dann, wenn sogenannte „externe Kosten“ für Umweltschäden auf die Verursachenden, statt auf die Allgemeinheit umgelegt werden. Wie lang diese Anschubfinanzierung für die nationale Energiewende dauern muss, wäre eine wichtige Forschungsfrage. Bisher sind mir dazu keine Forschungsergebnisse bekannt.

Langsamer Stromnetz-Ausbau bremst Windenergie-Ausbau an Land
Nach der Einführung der Photovoltaik Obergrenze will Altmaier den Ausbau der Windenergie bremsen:

„Um den Aufbau von Überkapazitäten zu vermeiden brauchen wir einen Konsens über die Frage, wie viel erneuerbare Energie (insbesondere Windenergie) in welchen Bundesländern produziert werden kann.“

Das bedeutet nichts anderes, als dass die Windenergie ausgebremst wird, weil die Stromnetze nicht schnell genug ausgebaut werden können oder sollen. In dem 10-Punkte-Plan geht es konkret um den Netzausbau für Offshore-Anlagen. Die Netze, das Lastmanagement und Speicher sind das Nadelöhr für erneuerbare Energie.

Aus meiner Sicht sollte man anstelle von einer Verlangsamung der Windenergie über die Beschleunigung der Netzmodernisierung sprechen. Ein Netzausbau mit dem Fokus auf Lastmanagement, Dezentralität und die erneuerbare Vollversorgung sollte zügig erfolgen. Es kann nicht sein, dass die Versäumnisse im Netzausbau zu Lasten der kosteneffizienten Windenergie gehen.

Energie-Effizienz: Energieberatung für alle Haushalte

Im Dokument wird eingestanden, dass Energie-Effizienz als Schlüsseltechnologie vernachlässigt wurde. Mir erscheint es so, dass bis zur Wahl die Vernachlässigung fortgesetzt werden soll, da mit dem Vorschlag für eine Energieberatung nur ein “Nebenkriegsschauplatz” angepackt wird. Frau Nahles von der SPD und der NABU vermissen zu Recht Fortschritte zur energetischen Gebäudesanierung.

Dies wäre der mit Abstand wichtigste Ansatzpunkt. Der Staat müsste es schaffen, dass die finanzielle Schwelle gesenkt wird. Man muss in etwa soviel investieren können wie in einen guten Neuwagen. Auch die Ansätze für den industriellen Bereich erscheinen mir zu unkonkret.

Das Strom-Einsparpotential in privaten Haushalten ist zwar wichtig, aber deutlich geringer als bei der privaten Heizwärme oder im Dienstleistungs- und Industriesektor. Auch das Sparpotential von 30% erscheint mir etwas überschätzt.

Interessant an der Idee einer flächendeckenden Energieberatung ist aber auf jeden Fall, dass jeder, der ein energiesparsames Verhalten lernt, dieses Verhalten möglicherweise auf andere Konsumbereiche übertragen könnte. Es wäre fantastisch, wenn dadurch mehr Menschen lernen, die Folgen Ihres Konsums zu hinterfragen.

Gegensätze zwischen Wirtschaft und Ökologie auflösen
Altmaiers Punkten wurde ein Visionsmangel attestiert. Dem will ich widersprechen. Für ihn ist die Energiewende ein “identitätsstiftendes Gemeinschaftswerk” und er erkennt die Energiewende nach der Staatsschuldenkrise als zweitwichtigstes Thema an:

„Wenn die Energiewende gelingt, wird Deutschland seine starke wirtschaftliche Stellung in der Welt für die nächsten Jahrzehnte festigen und ausbauen und zugleich einen herausragenden Beitrag im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel leisten.
Würde die Energiewende hingegen misslingen, hätte dies erhebliche Folgen für Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung.“

Auch mit dem Auflösen von Gegensätzen zwischen Wirtschaft und Umweltschutz rennt er bei mir offene Türen ein, auch wenn dies keine Neuigkeit ist. Für Nachhaltigkeit muss sich jeder von Vorurteilen distanzieren und ständige Offenheit kultivieren.

Wie sehen Sie das: Sind die 10 Punkte konstruktiv oder destruktiv?
Ich freue mich auf Ihre Kommentare: