Vor einigen Tagen las ich in einem Artikel folgendes Zitat vom RWE-Vorstandsvorsitzender Peter Terium:
„Zahlen der Bundesnetzagentur zeigen, dass bis 2018 mehr gesicherte Kraftwerksleistung vom Markt genommen wird, als durch Investitionen hinzukommt. Für die Versorgungssicherheit, zu der Wind und Sonne wenig beitragen können, verheißt das nichts Gutes“, so Terium, der sich für einen „diskriminierungsfreien und technologieoffenen Kapazitätsmarkt“ ausspricht.
Die Forderung erneuerte er während man sich ein wenig von Kohlemeilern verabschiedete. Ich fragte mich dabei, was dies für den Klimaschutz bedeutet.
Was ist gesicherte Kraftwerksleistung?
Erst dachte ich, dass er auf die Kohle hinaus will. Es geht jedoch um alle großen Kraftwerke. Kürzlich erst las in einem Kommentar davon, dass angeblich die Kohle inzwischen einen flexiblen Charakter hätte. Der Dialogpartner meinte mit “Wetteränderungen nachregeln”, dass das die Leistungsschwankungen der EE-Erzeuger durch Lastfolgebetrieb in thermischen Kraftwerken ausgeglichen werden können. Inzwischen habe ich bemerkt, dass doch ein wenig Flexibilität und keine volle Starre die Realität abbildet.
Was ist ein Lastfolgebetrieb?
Im Energielexikon steht steht zum Lastfolgenbetrieb u.A.: “Wärmekraftwerke mit Dampfturbinen und/oder Gasturbinen sind für den Lastfolgebetrieb begrenzt geeignet.” und “Dies führt zu einer Bevorzugung von flexiblen Gaskraftwerken zulasten z. B. von großen Kohlekraftwerken.” Was für eine Schwankung kann denn nun mit einem Kohlekraftwerk ausgeglichen werden? Minuten? Stunden? Tage? Wie schnell ist eine Drosselung möglich? Wie stellt sich dies ökonomisch dar? Um die Ökonomie geht es nun. Der BdEW will doch so gerne Geschäftsmodelle für seine Mitglieder ermöglichen, wie es bei jener Rede beim Kongress 2014 durch Merkels ehemalige enge Mitarbeiterin Müller deutlich wurde.
Was meint Terium?
Der in den Niederlanden geborene Manager ist seit 2012 Vorstandsvorsitzender der RWE AG. Er sagte „…Zahlen der Bundesnetzagentur zeigen, dass bis 2018 mehr gesicherte Kraftwerksleistung vom Markt genommen wird, als durch Investitionen hinzukommt…“
Schauen wir uns diese Zahlen an. Auf der Seite der Bundesnetzagentur gibt es die Tabelle „Veröffentlichung Zu- und Rückbau – Stand: 29.07.2014 (xls, 130 KB)“ Zunächst stimmt es, dass Netto 6.558 MW Zubau – 11.251 MW Rückbau eine Rückgang von 4.693 MW Leistung bis 2018 stattfindet.
Die Energieträger in dieser Rechnung sind: Erdgas, Pumpspeicher, Sonstige Energieträger (nicht erneuerbar), Steinkohle, Kernenergie, Mineralölprodukte und Braunkohle. Differenzieren wir nun nach Energieträgern, um zu sehen, was davon denn flexibel ist.
Zu- und Rückbau zwischen 2014 und 2018 nach Energieträgern (installierte Nettoleistung):
Energieträger |
Zubau |
Rückbau |
Trend |
Flexibilität |
Mineralöl |
0 MW |
-791 MW |
-791 MW |
? |
Pumpspeicher |
0 MW |
-195 MW |
-195 MW |
ja |
Erdgas |
2054 MW |
-2615 MW |
-561 MW |
ja |
Steinkohle und Braunkohle |
4289 MW |
-3393 MW |
+896 MW
|
etwas |
Kernenergie |
0 MW |
-2.559 MW |
-2.559 MW |
nein |
Mehrere Energieträger |
? |
-1.893 MW |
-1.893 MW |
intransparent |
Sonstige Energieträger
|
21 MW |
? |
+21 MW |
intransparent |
Der Trend ist für die Energiewende genau falsch herum
Flexible Kapazitäten werden weniger und starre klimaschädliche Kohle wird mehr. Terium hat dabei recht, dass man irgendetwas für Gaskraftwerke tun muss, da diese eine flexible Brücke hinzu 100 % erneuerbarm Strom darstellen. Starre strahlende Kernenergie wird weniger. Es wird in der Summe mehr Kernenergie zurück gebaut, als Kohle zugebaut wird. Der klimagefährliche Trend wurde in dieser Rechnung noch einmal bestätigt. Vor einigen Wochen hatte ich den gleichen Trend extrahiert und die Betreiber aufgelistet.
Für 100 % erneuerbare Energien brauchen wir:
- weniger Kohle
- erstmal noch Erdgas
- Lastmanagement unterstützen
- Speicher unterstützen
- viel Erneuerbare
- viel Energieeffizienz
Wer von „technologieoffen“ Kapazitätsmärkten spricht will Kohle verstromen
Der Atomaustieg ist gesetzt. Also muss Kohle weg, damit die Preise an der Börse steigen und sich Gas erstmal wieder rechnet. Der Börsenstrompreis ist insbesondere wegen dem Kohleüberschuss zu niedrig. An den Erneuerbaren und der Rezension liegt der Preisverfall laut einer aktuellen Studie nicht. Auch Pumpspeicher werden dann wieder besser dastehen.
„Technologieoffen“ bedeutet, dass man sich auch die Kohle mit einer geringen Flexibilität fördern lassen will. Im selbigen Artikel stand auch, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sich bei mehreren Gelegenheiten distanziert zu derartigen Kapazitätsmärkten geäußert habe. Liegt er vielleicht in dieser Angelegenheit richtig? Mit dem „de“formierten EEG hatte er stark zugunsten der Zentralität, sprich großer Energieunternehmen, gearbeitet.
Was halten Sie von Kapazitätsmärkten?
Mit welchem Rahmen würden Sie die nötige Flexibilität herstellen?
Ich freue mich auf einen Austausch mit Ihnen.
Der Link von „an den Erneuerbaren und der Rezension liegt der Preisverfall laut einer aktuellen Studie nicht“ führt ja gar nicht zu einer Darstellung, dass die Erneuerbaren den Strompreis (nicht) senken, sondern dass sie den CO2-Zertifikatspreis nicht senken. Außerdem ist jetzt kürzlich von der TU München ja eben nach einer Untersuchung das Gegenteil behauptet worden, nämlich, dass ohne die Erneuerbaren der Strompreis stark steigen würde (siehe BWK 7/8 2015, VDI-Verlag). Dies ist doch auch ein wichtiges Argument für die EEs, um die EEG-Umlage zu relativieren.
Kohlekraftwerke können innerhalb von 5 Sekunden bis zu 5% der Leistung erhöhen oder reduzieren, teils sogar mehr (Primärreserve im Netz) und auch in der Sekundärreserve (innerhalb von 5min gewisse Leistungen zur Verfügung zu stellen oder zu reduzieren) können die Umweltmonster, muss man leider zugeben, recht gut und es gibt noch keine im größeren Umfang zur Verfügung stehenden Alternativen.