In der Diskussion um das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) drängen Polaritäten in den Vordergrund: Entweder verteidigt man tapfer das aktuelle Gesetz, weil es dem Klimaschutz besser dient. Oder man propagiert ein Quotenmodell, welches über eine geplante erneuerbare „Pflicht“-Quote „freie“ Marktmechanismen zulassen soll. Das Quotenmodell wird in einer massiven Kampagne, welche durch die Unternehmerverbänden der Metall- und Elektroindustriefinanzierten finanziert wird, unter dem Titel „Wettbewerbsmodell Erneuerbare Energien (WEE)“ propagiert und soll die Kosten der Energiewende senken. Ebenfalls macht sich EU-Energiekommissar Günther Oettinger über eine europäische Harmonisierung für die Plan-Quote stark – Umweltschützer weisen hingegen auf britische Erfahrungswerte hin, wo die Pflicht-Quote nur einen geringen Ausbau erneuerbarer Energien ermöglicht hat.
Es gibt einen dritten Weg: Man muss zunächst das EEG sorgfältig bewerten, um dann eine Reform zu gestalten, die das 100%-Erneuerbare-Ziel ebenso stark wie die Kostensenkung im Auge behält. Dazu empfehle ich eine „Pflichtlektüre“ die vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft erarbeitet wurde: „Ausweisung der EEG-Umlage: eine kritische Analyse“. Darin wird klar, dass die Kostenoptimierung auch ohne eine Bremsung funktionieren kann, was dem Ansatz des derzeitigen Umweltministers Peter Altmaier entgegen steht.
Die Umlage kann sofort gesenkt werden
Die Forschungsarbeit nimmt das EEG gründlich unter die Lupe. Eines der Ergebnisse ist eine Sofortmaßname zur Senkung der Verbraucher-Strompreise, durch die..
„..deutliche Rückführung der Subventionierung der stromintensiven Industrie (1,4 Ct/kWh) und die Abschaffung der Managementprämie im Rahmen der Marktprämie (0,1 Ct/kWh).“
Dazu habe ich in bereits in einem früheren Artikel geschrieben, wobei es leicht unterschiedliche Angaben zu den Kosten der Schlupflöcher gibt.
Der Anstieg von 3,6 auf 5,3 cent war stärker als notwendig
Das der Anstieg in diesem Jahr besonders hoch war, hat folgenden Hintergrund:
a) eine hohe Nachzahlung aufgrund einer Unterdeckung des EEG-Kontos in Höhe von 0,7 Ct/kWh notwendig war und
b) eine Liquiditätsreserve in Höhe von 0,4 Ct/kWh eingeführt wurde.
Ohne diese beiden Punkte wäre nur eine Erhöhung um 0,6 Ct/kWh notwendig gewesen.“
In diese „Kerbe“ kann von denjenigen besonders tief geschlagen werden, die den erneuerbaren Energien fälschlicher Weise einen „Haupt-Kostentreiber-Ruf“ anhängen wollen.
Die EEG-Umlage ist höher als die tatsächlichen Investitionskosten
Um keine Verzerrungen durch eine „stille Post“ zu verursachen, lasse ich die folgenden Aspekte im Wortlaut der Wissenschaftler:
..die EEG-Umlage ungeeignet ist, Hinweise zu geben über die tatsächlichen Mehrkosten des Ausbaus der EE im Vergleich zur ansonsten ohnehin anstehenden konventionellen Erneuerung der Stromversorgung. Auch diese würde zu Mehrkosten für die Stromkunden führen. Noch weniger kann die EEG-Umlage Hinweise darauf geben, wie hoch die volkswirtschaftlichen Kosten einer ökologischen Modernisierung sind bzw. ob es mittel- bis langfristig überhaupt Mehrkosten gibt.“
Der Vergleich zwischen konventionellen und erneuerbaren Energien hinkt, wie der zwischen Äpfel und Birnen, denn..
- ..Es werden Betriebskosten der konventionellen Kraftwerke mit den Vollkosten der EE verglichen. Dafür wird der Marktpreis von Strom an der Strombörse EEX herangezogen. Dieser reicht aber offensichtlich in Deutschland wie in anderen Ländern mit vergleichbaren Strommärkten nicht aus, um beispielsweise bestehende Gaskraftwerke wirtschaftlich zu betreiben oder gar Investitionen in neue konventionelle Kraftwerke anzureizen. Daher wäre auch für eine konventionelle Erneuerung des Kraftwerkspark ein Aufschlag auf den Strompreis notwendig. Dieser theoretische Aufschlag ist in der EEG-Umlage nicht berücksichtigt.
- Es werden alte, abgeschriebene und subventionierte Kraftwerke mit neuen EE-Anlagen verglichen. Die Subventionen für die alten Kraftwerke werden dabei nicht berücksichtigt.
- Bei der Ermittlung der EEG-Umlage werden die Kosten von Kraftwerken mit erheblichen externen Kosten mit klimafreundlichen EE, die in der Regel deutlich geringere externe Kosten aufweise, verglichen.
- Durch den Merit-Order-Effekt senkt das EEG den Strompreis. Im Jahr 2011 lag der Strompreis an der Börse dadurch knapp einen Cent pro Kilowattstunde niedriger als ohne die EEG-Förderung. Diese Preissenkung ist insbesondere für große Stromverbraucher spürbar. Aber auch Tarifkunden sollten zumindest mittelfristig davon profitieren. Dieser preissenkende Effekt wird der EEG-Umlage nicht gutgeschrieben. Vielmehr sorgt der Merit-Order-Effekt dafür, dass die Differenz zwischen den EEG-Vergütungen und den Markterlösen für EEG-Strom größer wird – und damit auch die EEG-Umlage. Sie steigt aufgrund dieses paradoxen Zusammenhangs um rund 0,2 Ct/kWh. Während und weil die EE also den Großhandelspreis für Strom senken, erscheinen ihre durch die EEG-Umlage vermeintlich wiedergegebenen Kosten höher als sie sind.
- Durch die großzügige Begünstigung oder gar Befreiung großer Stromverbraucher von der EEG-Umlage müssen die EEG-Differenzkosten auf weniger Schultern verteilt werden. Das steigert die EEG-Umlage für die nicht begünstigten Stromkunden um rund 1,5 Ct/kWh.
- Mit EEG-Vergütungen wird nicht nur der Ausbau der EE finanziert. Vielmehr finanzieren die EEG-Vergütungen auch andere gesellschaftlich sinnvolle Maßnahmen. Dies sind u.a. Abfall- und Abwasserentsorgung, Gewässerschutz, Klimaschutz, der über die Substitution von fossilen Kraftwerken hinaus geht, Entwicklungshilfe und globaler Klimaschutz. All diese Maßnahmen sind zwar sinnvoll, aber nicht für die deutsche Energie notwendig. Sie werden aber über die EEG-Umlage finanziert.
Diesen ersten kleinen Einblick in die Forschungsarbeit will ich in der kommenden Woche um die darin enthaltenen Reformvorschläge erweitern – am Besten Sie lesen das gesamte Werk. Das Strompreis-Thema ist für Laien schwierig zu verstehen, weil die „gewachsene“ heutige Situation von Verzerrungen durchdrungen ist, fällt es schwer Gewohntes vom Logischen zu unterscheiden, was für vernünftige Reformen wichtig wäre. Eigentlich müssten wir eine breite EEG-Reform-Kampagne aufstellen um die öffentliche Diskussion mit einer ausgewogenen Informationsgrundlage zu unterfüttern. Die Informationen sind bereits in Studien wie diesen vorhanden, aber der Transfer in die Massenmedien fehlt.
In welche Richtung würden Sie die Diskussion lenken?
Wir freuen uns über Ihre Kommentare!
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