Wann immer ich für ein Thema brenne schwinge dazu gerne Reden. Das war bereits im Studium so, wenn nicht gerade Professoren das Modulkorsett thematisch zu eng geschnürt hatten. Noch unterhaltsamer finde ich lebendige Workshops, wie wir es in Lerngruppen praktiziert hatten. Hier im Blog dürfen die Neugierde und der Wissensdurst die Feder führen. So kommt manchmal eines zum anderen. Wie kommuniziert man Energieeffizienz erfolgreich? Die Frage diskutierten Andreas Kühl und ich im vergangenen Jahr auf den Berliner Energietagen. Nun darf ich wieder zu diesem Thema  sprechen, das kontinuierlich in der Arbeit für eine Energieagentur auf der Agenda steht. Während ich schreibe bringt mich ein leiser Zug mit Internethotspot nach Bensheim. Morgen darf ich in Südhessen ein Impulsreferat beim DAW Stakeholder-Dialog halten.

Ich nehme kein Blatt vor den Mund. Das wäre ganz entgegen meinem Naturell. Ich bevorzuge eine respektvolle Kontroverse, aus der etwas erwachsen kann. Zu unkreativ wirken vorsichtige, angepasste und austauschbare Akteure, auch wenn diese sich manchmal sehr klug verhalten. Bei der Kreativarbeit sind Fehler etwas wunderbares, da man erst durch das Falsche das Richtige erkennt. Es kommt auf den respektvoll geführten Prozess in Gesprächsrunden, öffentlichen Diskussionen und in Teams an. Es ist toll wenn sich jeder einbringen kann – insbesondere wenn die Ideen gut genug ist.

Der Ton macht die Musik

Bei der Kommunikation geht es im ersten Entwicklungsschritt noch nicht um die Inhalte, sondern um die Methoden, Kanäle und die gefühlte Erscheinung der Kommunikation. Dieses „Wie“ oder auch der passende Ton der Kommunikation sind das Ergebnis harter Arbeit, die weder in einem Referat noch in einem Blogartikel erschöpfend abgearbeitet werden kann. Morgen geht es mir noch nicht im die Inhalte der Sachebene wie Schimmel, Brand, Wirtschaftlichkeit, Klimaschutz, Recycling oder Spechtlöcher. Die Strategie Mythen zu widerlegen ist eine von vielen, wie es beispielsweise die deutsche Umwelthilfe in einem vernünftigen Dokument dargestellt hat. Ein besonderes Augenmerk will ich auf das folgende Prinzip legen:

Vom Erfolgsprinzip meines Tischlermeisters

In den Vorbereitungen fand ich spannend, wie sich die Logik sozialer Medien auf ältere Zielgruppen übertragen lässt. Oder besser anders herum, wie soziale Medien uralte funktionierende Prinzipien des Beziehungsaufbaus und der Mund zu Mund Propaganda anwenden. Dass eine vertraute Empfehlung die beste Werbung ist wusste schon mein alter Tischlermeister, der einst aus Ostpreussen geflohen war. Ich war Jahrespraktikant in meiner Zeit an der Fachoberschule für Gestaltung. Bei der Dämmung kann dies das Gespräch mit einem Bekannten sein. Sein zweiter Tipp war, dass man sich lustige Gedanken beim Arbeiten machen sollte. Bei mir kommt Neid auf, wenn ich die Zielgruppe des goldenen Alters intensiver betrachte, da diese gerne und ganz in Ruhe lesen können. Ich muss mich zu oft mit dem überfliegenden Speedreading begnügen und die zermürbende Reizüberflutung aushalten. Ein hoch auf die genüßliche und tiefgründige Kultur des „slow media“!

Ein Beispiel für falsche Vereinfachung

Als Beispiel nehme ich einen Artikel vom Institut für Naturheilkunde und Kommunikation. „Wärmedämmung – alles gelogen?“ so wird vereinfacht betitelt. „Alles“ und „gelogen“ sind die reißerischen 2/3 des Titels. Bezug wird in dem Artikel auf eine traurig berühmte Prognos-Studie genommen. Es dürfte sich um die folgende verlinkte Studie handeln, auch wenn keine der Zeitungen damals den Link oder den Titel des Werken angegeben hatte. Die Studie wurde ausgeschlachtet und zügig mit einer Gegendarstellung relativiert. Ich vermute, dass das Image damals weniger beschädigt wurde als gedacht. In einer eigenen Betrachtung kam ich zu dem Ergebnis, dass sich die Häuslebauer trotz negativer Schlagzeilen laut Google Trends mehr für die Materialien, als für die Mythen interessieren.

Wenn Informationen die freie Wahl erleichtern

Eigentore fallen bei Übertreibungen. Als Andreas das zweite „open table“ in Berlin durgeführt hatte, kam Katja Rieswig auf diesen gleichen Gedanken. Man muss also ehrlich und geduldig kommunizieren, um robustes Wissen zur energetischen Gebäudesanierung zu produzieren. Bewusst schreibe ich hier nicht von der Dämmung, da man das gesamte Gebäude und deren Bewohner oder Eigentümer sehen muss. Es liegt in der Hand der Eigentümer, wie eine energetische Modernisierung angepackt wird. Also sollte man die ganze Sanierungspalette und auch die ganze Dämmstoffpalette erläutern, damit diese freie Wahl erleichtert wird. Man kann dann im Dialog herausarbeiten, was im individuellen Fall vor Ort wirklich Sinn macht. Eine offensichtliche Vorauswahl wäre ein weiteres Eigentor. Anstelle von Zwängen, die zu Reboundeffekten führen, würde ich den langen Atem einer unabhängigen Aufklärung empfehlen. Das wirkt dauerhaft, wenn auch vielleicht etwas langsamer.