Heute komme ich endlich dazu die Studie „Kommunikation zur Energiewende“ unter die Lupe zu nehmen. Es sind die Antworten von über 200 Energe-Kommunikationsexperten aus Unternehmen und Institutionen. Beauftragt wurde die Studie von der Kölner PR-Agentur K1 und der „Fachgruppe Energie“ des Bundesverbands Deutscher Pressesprecher e.V.. Studienergebnisse finden Sie auf dialog-e.net. Ich bin gespannt, was wir von den Kollegen lernen können.

Eigentlich ist mir das Werk auf den ersten Blick unsympathisch: Bei der Präsentation der Ergebnisse diskutierten gleich mehrere Gegner der Erneuerbaren über einer „Wende“ die sowohl RWE und der BdEW nicht wirklich wollen. Der Blick auf die PR-Agentur hinterlässt einen besseren Eindruck: Mit Ecofys und Climate Concept Foundation scheint K1 „gute“ Marken zu vertreten. Ob dort alle Kunden genannt werden weiß ich nicht. Mein Vertrauen in neutrale Absichten sinkt allerdings mit dem Blick auf den zweiten Auftraggeber: Die Fachgruppe des Pressesprecherverbrandes setzt sich aus Sebastian Ackermann (RWE Deutschland AG), Jörg-Uwe Kuberski (E.ON edis Vertriebs GmbH), Lothar Lambertz (RWE Power AG) und einem Vertreter von Stadtwerken zusammen. Hier kann man erahnen, wie auch an dieser Stelle professionelle Drähte in die Presse existieren. Auch sieht man die typische Unausgewogenheit in der Zusammensetzung von Gremien.

Wie Vertrauenswürdig sind die Ergebnisse?

Die Ergebnisse reflektieren die Meinungen von 214 PR-Experten im Energiebereich. Ob die Fragen manipulativ gestellt worden sind will ich nicht beurteilen. Dies ist ohnehin nicht möglich, da im Internet nur ein Artikel mit Teilergebnissen existiert. Eine vollständige wissenschaftliche Arbeit mit Methoden, Datengrundlage und Ergebnissen liegt nicht vor. Durchgeführt hat die Umfrage Johannes Krause von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität unter dem wissenden Mantel seines Professors. Ich werde die wichtigsten (Teil-)Ergebnisse vorstellen und diese fachlich kommentieren. Das negative Ergebnis, welches die Studie „Kommunikation zur Energiewende“ zeigt ist unvollständig. Wer Positivbeispiele sehen will, findet diese sogleich bei meiner Energieblogger-Kollegin Kathrin Hoffmann im Windwärts-Blog.

Wesentliche Ergebnisse kommentiert durch SUSTAINMENT´s Blog

Zielgruppen ihrer Kommunikation?

  • 80,2 % Politik
  • 77,2 % Medien
  • 66,7 % Bürger

SUSTAINMENT´s Blog: In der Umfrage stellt man zu recht fest, dass es eine Diskrepanz zwischen dem ausgesprochenen Ziel die „Bürger erreichen“ zu wollen und dem entsprechenden Aufwand dazu gibt. Wiedersprüchlich finde ich folgendes: Auch wenn von den Kollegen nur 66,7 % Bürger direkt erreichen wollen, gehe ich davon aus, dass man diese auch mit der Medienarbeit Bürger erreichen will. In den Medien kann durch unehrliche PR zumindest zur allgemeinen Verwirrung beigetragen werden, wenn verzerrte Nachrichten eingebracht werden. Interessant ist, dass man am lieber Politiker (80,2 %) als Bürger (66,7 %) erreichen will.

Wie gut erreichen Sie die Zielgruppen?

  • 78,6 % Fachpublikum
  • 66,6 % Kunden
  • 64,5 % Medien
  • 60,9 % Investoren
  • 59,3 % Politik
  • 41,1 % Bürger

SUSTAINMENT´s Blog: Allgemein ist es immer nötig, dass sich Rezipienten involviert fühlen. So erkläre ich mir, dass alle am besten ihr Fachpublikum erreichen.

Studienergebniss: Ein ziemlich vernichtendes Urteil fällen die Fachleute auch über die Wirkung ihrer eigenen Arbeit. Zwar spiele die Kommunikation zur Energiewende in den Augen der Bevölkerung nach wie vor eine wichtige Rolle (72,9 %). Bei den Adressaten werde sie aber als kompliziert, unverständlich, abstrakt, demotivierend und ineffizient wahrgenommen.

SUSTAINMENT´s Blog: Da bin ich ganz gleicher Meinung. Aber aus dem folgenden bin ich nicht schlau geworden:

  • 56,3 % Kommunikation zur Energiewende als nachteilig für das Gesamtprojekt
  • 5,7 % Kommunikation ist effizient
  • 5 % Kommunikation ist einfach
  • 4 % Kommunikation wirkt verständlich

SUSTAINMENT´s Blog: Warum soll die Kommunikation nachteilig für das Gesamtprojekt sein? Nachteilig sind die vielen verzerrenden Nachrichten und die große Verwirrung aus dem „Mischmasch“ das beim Bürger ankommt. Nur 15 % trauen sich einen nützlichen Beitrag zu. Grundsätzlich aber kann eine ehrliche Kommunikation nur gut für die Energiewende sein und hilft auch dabei die Bürger zu motivieren. Nach der Ehrlichkeit oder einem beauftragten „Spin“ wurde nach meinem Informationsstand nicht gefragt. Die Teilnehmer bestanden zu über 70 Prozent Unternehmen und rund 30 Prozent aus Institutionen. Mich würde interessieren, ob die Institutionen dort zu einem anderen Teil-Ergebnis gekommen sind. Auch unklar ist, ob die gefragten Unternehmen und Institutionen „fossil“ oder „erneuerbar“ geprägt sind – oder ob es gar eine ausgewogene Mischung war. Es ist auch mit aufrichtigen Absichten unglaublich schwer in der gesamten Verwirrung durchzudringen – es sind zu viele wiedersprüchliche Aussagen im Umlauf. Entscheidend ist dabei die Glaubwürdigkeit des Absenders und aber auch der denkende und interessierte Geist der Bürger.

Studienergebniss: Auch andere Ergebnisse der Umfrage überraschen. Während für drei Viertel der Befragten die grundsätzliche Entscheidung zur Energiewende positiv oder sehr positiv ist, bewerten mehr als die Hälfte der Experten den aktuellen Stand als negativ oder sehr negativ. Paradox: Die Erfolgsaussichten sieht dennoch jeder Zweite als positiv.
SUSTAINMENT´s Blog: Dieses Studienergebniss ist „wischi-waschi“, weil der Begriff „Energiewende“ undefiniert bleibt. Redet man nur vom schwarz-gelben Atomausstieg oder auch vom Umstieg auf 100 % erneuerbare Energien? So ist auch die Erfolgsaussicht nichtssagend, wenn man nicht weiß was als Erfolg gewertet wird. Für manche Arbeitgeber der auftraggebenden Pressesprecher wäre der dauerhafte Betrieb von Kohlekraftwerken ein Erfolg.

Studienergebniss: Die Fachleute sind außerdem der Meinung, dass die Intensität der Kommunikation noch einmal zugenommen hat (78,7 % in 2014 gegenüber 71,2 % in 2013), während die Qualität nur unwesentlich besser geworden ist (18,8 %/16,5%).

SUSTAINMENT´s Blog: stimmt

Studienergebniss: Instrumente der Kommunikation

  • Pressearbeit (für 87 % wichtig oder sehr wichtig)
  • eigene Homepage (74,8 %) 
  • Vorträge (69,3 %)
  • Am Ende liegen Blogs und Social Media

SUSTAINMENT´s Blog: Es ist gut, dass ich selbst auch Pressearbeit mache und Websites mit Inhalten fülle. Als Energieblogger haben wir inzwischen ein wenig die Funktion als „Vorhof der Presse“ errungen. Es ist witzig, dass hier nur „Einweg-Medien“ genannt werden. Offenbar haben diese Experten das Thema „Zuhören“ und „Dialog“ noch nicht begriffen. Zuhören ist eine entscheidende Grundlage, um Bürger erreichen zu können.

Studienergebniss: Klimaschutz als Thema irrelevant
Frage: Welche Themen werden in der nächsten Zeit für die Bürger, in der öffentlichen Diskussion und in den eigenen Unternehmen/Institututionen eine wichtige Rolle spielen?

Wichtig in Politik:

  1. Reform des EEG
  2. Strompreise die größte Wichtigkeit

Wichtig in öffentlicher Diskussion:

  1. Strompreise und die mit der Energiewende verbundenen Kosten

 Wichtig im eigenen Unternehmen:

  1. Energieeffizienz und Energiesparen
  2. Gesetze und Auflagen

SUSTAINMENT´s Blog: Gefragt wird nach der Wichtigkeit für Bürger, eigene Unternehmen und die öffentliche Diskussion. In der Antwort wurde offenbar „Bürger“ durch „Politik“ ausgetauscht. Hier sieht man wie am Bürger vorbei gearbeitet wird. Das Studienergebnis spiegelt die tatsächliche Agenda wieder. Wie aber ensteht diese Agenda?

Die Agenda in den Medien spiegelt zum einen wieder, was gerne „eingeschaltet“, „gelesen“ und „gekauft“ wird. Zum Anderen zeigt es, was in Redaktionen ausgesucht und durchgelassen wird. Die politische Agenda wird durch Lobbyismus und dem Wunsch der Wiederwahl geprägt. Die genannten Punkte zeigen also welche genannten Punkte in Politik und Medien gehör finden. Es ist aber quatsch zu schreiben, dass dies die Themen sind, die für „Bürger eine Rolle“ spielen. Politik und Medien könnten durchaus den Klimaschutz in das Zentrum der Aufmerksamkeit tragen.

Fazit: Von der Studie können wir nur wenig lernen, da nur ein kleiner Teil der Studie verfügbar gemacht wurde. Wir brauchen die vollständigen Ergebnisse, um damit etwas anfangen zu können.