Kein Krieg: Handelszwist zwischen EU und China um Photovoltaik entbrannt

Mit dem dümmlich-leichtfertigen Begriff „Handelskrieg“ wird derzeit ein diplomatischer Zwist zwischen der EU und China in die Welt posaunt. Spitze des Eisbergs ist der Beschluss der EU-Kommision, einen durchschnittlichen Zoll von 11,8 %, unter der Feder von Handelskommissar De Gucht, auf chinesische Solarmodule zu erheben. Falls dieser Schritt keine Lösung bringen würde, würden ab dem 6.August die Zölle auf sagenhafte 47,8 % steigen. Die Entscheidung der Kommission ist in Europa hoch umstritten. Aus Deutschland sprachen sich Kanzlerin Merkel, die Grünen und die FDP gegen Zölle aus. Die SPD hingegen begrüßt die Zölle, da bereits genügend ungenutzte Zeit für Diplomatie verstrichen sei. Ausgetragen wird die Fehde auf dem Rücken des Photovoltaik-Ausbaus und damit dem des Klimaschutzes.

So etwas lässt man nicht auf sich sitzen
Aus China kamen umgehend Quittungen: Man prüft in der Volksrepublik ebenfalls Zölle auf Weine und Automobile. Für Chinas Solarhersteller ist Europa mit rund 80 % Anteilen der wichtigste Markt. China hingegen ist der Zukunftsmarkt für Kraftfahrzeuge und auch für Weine. Europäische Weine und eigentlich die gesamte europäische Agrarpolitik ist stark von Subventionen getragen, womit definitiv Märkte verzerrt werden. Genau diese Marktverzerrung wirft man chinesischen Herstellern vor: Teilweise würden Gratis-Kredite und Gratis-Landflächen einen unfairen Wettbewerb erzeugen. Man liest Stimmen, die von einem Verkauf unterhalb der Wirtschaftlichkeit schreiben. Die Legitimität wird aus der Hackordnung abgeleitet – wo China im Kräftemessen obenauf sein dürfte. Zugleich ist die Abhängigkeit wie bei siamesischen Zwillingen, die um eine Mahlzeit streiten: Auf dem zweiten Blick sind die Industrienationen extrem verwoben.

Photovoltaik strauchelt seit Längerem
Schon vor den überhart radikalen Kürzungen der deutschen Einspeisevergütung im Januar diesen Jahres ging es europäischen Photovoltaikherstellern schlecht: Im Dezember 2011 ging Solon zunächst pleite; kurz darauf musste Solar-Millenium das Insolvenzverfahren eröffnen; im April folgte Q-Cells, First Solar in Frankfurt an der Oder. Im Juli 2012 stellte die Ulmer Centrotherm Photovoltaics AG einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung; im August schloss Sovello die Pforte. Im September 2012 begann dann das Antidumping-Verfahren gegen die chinesische Solarbranche, um dessen Folgen man sich nun streitet.

Chinesische Hersteller straucheln selbst
Markus Rummele berichtet aus dem ARD-Hörfunkstudio Schanghai, dass Chinas Solarhersteller auch Probleme haben und nun hart getroffen werden: Die exportieren jährlich Solarprodukte im Wert von 21 Milliarden Euro nach Europa. Allerdings ginge es auch ohne EU-Zölle der chinesischen Solarindustrie ebenso wie der europäischen miserabel. Es gäbe ebenso Insolvenzen und Milliardenverluste bei den weltweit größten Herstellern Trina, Yingli und LDK. Ursache sei auch dort der sinkende Marktpreis – den man doch selbst in der Volksrepublik herbei geführt hat.

Was soll der Zoll bringen?
Eigentlich weiß ich einmal mehr, dass ich nichts weiß – denn die tatsächlichen Beweggründe für den Strafzoll erkenne ich nicht – die Preise steigen zwar, aber die Nachfrage wird sinken, womit unser Anliegen des Klimaschutzes einmal wieder beschädigt wird. Vielleicht geht es um ein Druckmittel in ganz anderen Angelegenheiten. Mir bleibt unklar, ob die europäischen Anbieter so nun stabilisiert werden können – kommen die Zölle zu spät? Mag sein. Wenn eine Preispirale nach oben den europäischen Markt für Photovoltaik beschädigt, ist keinem Herstellern etwas Gutes geschehen. Der Präsident der Branchen-Initiative EU ProSun, Milan Nitzschke, sagte angeblich mit Blick auf die Höhe der Abgabe: „Es reicht, um die europäische Solarindustrie wieder zurück ins Spiel zu bringen.“ – und hofft auf substanzielle Angebote der Volksrepublik – womit er sicherlich keinen Schaden für Volkswagen & Co. meinte.

Meinungen in sozialen Medien
In einer lebhaften Diskussion über soziale Medien versicherte man mir, dass man in der Photovoltaik nur Kapital und KnowHow braucht, dass aber die Lohnnebenkosten keine Rolle spielen würden, womit man in Europa eigentlich ausreichend aufgestellt sein dürfte. Ich weiß nicht, wieviel Wahrheit im Dumpingvorwurf steckt. Das China aber die Vorwürfe als Fehler eingesteht und daraus eine diplomatisch gute Lösung für Alle entsteht, das bezweifle ich stark – entgegen der Hoffnung eines Analysten. Ein anderer Kommentar entdeckte den „Todesstoß“ für die Photovoltaik. Es ist enorm wie nach und nach Gegenwinde den Ausbau erneuerbarer Energien belasten – die Energiewende verkommt teilweise zu einem ausgehölten PR-Blatt in einer fossile Renaicance. Als wären die Argumente für den Klimaschutz heute weniger bedeutsam als in den vergangenen beiden Dekaden.