Oft wird mit der Angst vor dem Stromausfall (Blackout) gegen die erneuerbare Elektrizität Stimmung gemacht. In dieser Argumentationslinie spielt man den trügerischen Wissensvorsprung aus – als könne sich der Laie mit gesundem Menschenverstand nicht das große Ganze erschließen. Forscher zeigen, dass man sich nicht für Dumm erklären lassen darf. Die Studie „Kombikraftwerk 2“ offenbart einmal mehr: Durch moderne Steuerungstechnik sind 100 % erneuerbare Elektrizität machbar.
Früher, im vergangenen Jahrhundert als es das Internet noch nicht gab, wäre diese Stromwende mit 100 % Erneuerbaren für die Mitarbeitern an der Netzleitwarte ein Grund zur Sorge gewesen. Heute sind noch immer Begriffe aus dieser älteren Logik im Sprachgebrauch. Doch je dichter die Energiequelle an der Nutzung ist, desto weniger Netze werden gebraucht. Auch im Netz findet eine Wende statt: In der niederen und mittleren Spannungsebene fließen plötzlich eingespeißte Ströme von aussen nach innen. Früher war es umgekehrt wie im pumpenden Herz, dass bis in die Kapilargefäße Sauerstoff (Strom) transportierte. Genau dort schlagen nun viele weitere kleine tapfere Herzen und pumpen dem entgegen Strom durch die Venen. Erneuerbare entlasten das Netz und sind auch ein Anlaß für technische Modernisierungen.
Netze werden aus verschiedenen Gründen modernisiert
Für 100 % Erneuerbare ist ein Umbau des Stromnetzes notwendig. Nicht aber darf man sich nicht einreden lassen, dass jede Netzinvestition durch die Erneuerbaren hervorgerufen wird. Die Bundesnetzagentur berichtete im Jahr 2011 von folgender Altersstruktur:
- 80 bis 85 Jahre: Wenige 220kV-Masten
- 70 bis 85 Jahre: Einzelne 380kV-Masten alt
- 53 Jahre: Durchschnittsalter der 220kV-Masten (Stand: 31.12.2009)
- 37 Jahre: Durchschnittsalter der 380kV-Masten (Stand: 31.12.2009)
- 32 Jahre: Durchschnittsalter der Transformatoren (Stand: 31.12.2009)
Man muss so oder so das Stromnetz modernisieren. Wie wäre dies denn mit dem eindeutigen erneuerbaren Ziel?
Kombikraftwerk 2: 100 % Erneuerbare im Netz detailliert simuliert
Das die Stromwende hin zu erneuerbaren Quellen möglich ist zeigt die Studie Kombikraftwerk 2. Unter der Federführung des Fraunhofer IWES arbeitete man drei Jahre lang an Fragen der Netzstabilität und Versorgungssicherheit einer rein regenerativen Stromerzeugung. Auf Grundlage von Tests mit realen Anlagen wurde dann sehr detailgetreu simuliert. Im Netz müssen Frequenz und Spannung gehalten werden. Dafür wird Regelleistung z.B. durch Agrargas benötigt. Hier finden Sie den Kurzbericht: Ergebnisse von Kombikraftwerk 2.
In dem Video wird der Aufbau des Forschungsprojektes gut erklärt. |
In den Schlussfolgerungen sagen die Wissenschaftler klar, dass „die Befürchtung vermehrter Stromausfälle in Zukunft verständlich ist.“ – es muss etwas dafür getan werden, um die komplexe Situation zu beherrschen. Folgende Aspekte sollten alle an der Energieversorgung beteiligten Personen kennen:
- Eine sichere und stabile Stromversorgung Deutschlands aus 100 % erneuerbaren Energiequellen ist technisch machbar.
- Das System muss entsprechend angepasst werden, um die hohe Versorgungsqualität weiterhin sicherzustellen.
- Schon heute können erneuerbare Energien technisch wichtige Systemdienstleistungen erbringen.
- Die Rahmenbedingungen zur Markt- und Systemintegration müssen dafür angepasst werden.
- Für die Netzsicherheit müssen dezentrale Erneuerbare-Energien-Anlagen mit sicheren und leistungsfähigen Kommunikationsstandards ausgestattet, überwacht und gesteuert werden.
- Man muss für die Organisation des Systems Umdenken: Die fluktuierend einspeisenden Wind- und PV-Anlagen müssen als tragende Säule der Stromversorgung in den Mittelpunkt gestellt werden und dort herum das System transformiert werden.
- Flexible Biomasseanlagen (Biogas und feste Biomasse) und Biomethananlagen sowie Speicher sind hierbei ein wesentlicher Bestandteil des Energiesystems und tragen zur gesicherten Leistung bei.
- Ohne einen entsprechend angepassten Ausbau des Netzes mit all seinen Komponenten, einer Anpassung der Regularien und Märkte wird der Wandel der Stromversorgung nicht gelingen.
Angst vor Blackouts haben Gegner der Erneuerbaren
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Mit erneuerbaren Energien würden uns die Lichter ausgehen sagen die einen – andere wie ich sprechen vom Gegenteil. Mir erscheint es so, dass eher 100 % erneuerbare Elektrizität zwar in modernisierte Netze passen – nicht aber in manch eine traditionelle Geschäftsplanung. Für ein Stimmungsbild schauen wir uns die Absender dieser Diskussion an.
Dafür google ich „Blackout“ und „erneuerbar/regenerativ“ und werte die Absender der wichtigsten Suchergebnisse aus.
Hochinteressant ist, dass alle „pro“ Lösungen sehen und alle „contra“ eine Gefahr die man abwenden muss. In den Medien steht also Aussage gegen Aussage: Bürgerinnen und Bürger sind erfolgreich verunsichert worden. „Interessant“ im Sinne von „Interesse vertretend“ ist einmal mehr eine Aktivität der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH. Der technische Begriff „Blackout“ wird gegen das Prinzip der (regelfreien) Marktwirtschaft gestellt – interpretieren oder recherchieren Sie selbst. Ein wenig über die Methoden und über Verflechtungen haben bereits die Energieblogger dargestellt.
Auch Interessant finde ich die Analyse des Projektes Klimalügendetektor. Dort ging es um eine Berichtswelle, nachdem ein österreichisches Kraftwerk einspringen musste, um das deutsche Stromnetz zu stabilisieren.
In den Suchergebnissen findet man den von klimafetter.info verliehene „Blackout des Monats“. Es ist aus Sicht der Suchmaschinenoptimierung eine kluge Konzeption, da nun unter dem Stichwort kritische Beiträge zu gesellschaftlichen Größen gefunden werden, die allesamt für klimapolitisch inkorrekte Aussagen kritisiert werden.
Versorgungssicherheit: Mit 100 % erneuerbarem Strom gewährleistbar
Der Begriff „Versorgungssicherheit“ besagt die Zuverlässigkeit unserer Energieversorgung. Das Wort „Versorgungssicherheit“ wurde in Deutschland laut Google-Trends folgendermaßen gesucht:
Google verknüpft manche der zackige Ausschläge mit zusammenhängenden Zeitungsmeldungen. Entweder liegt es an Google oder am Focus: In 2008, 2012, 2013 und 2014 war es immer der Focus, der die Versorgungssicherheit in einer Weise aufgegriffen hat, dass es der amerikanische Internetkonzern verknüpft:
- FOCUS Online: ots.CorporateNews: GVSt Gesamtverband Steinkohle / IEA: Versorgungssicherheit muss wieder …
- FOCUS Online: Merkel Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit sollen gewährleistet bleiben
- FOCUS Online: Studie sieht Strom-Versorgungssicherheit in Europa in Gefahr
- FOCUS Online: SeehoferVersorgungssicherheit wichtiger als Windenergie
Fazit: Der technischen Machbarkeit muss politischer Wille folgen
Es lässt sich also festhalten, dass man auch aus geschäftlich strategischen Gründen auf dem Blackout herumreitet. Auch aber ist eine technische Modernisierung eine entscheidende Vorraussetzung für die vollständige Energiewende. Es ist ein Kräftemessen mit einem enormen Ausmaß, in dem Rangeln um die Energiewende. Noch ist bei weitem kein gemeinsamer Nenner gefunden worden, der aus dem Konflikt heraus führt. Es ist sehr wichtig, dass seriöse Forschungsergebnisse wie aus „Kombikraftwerk 2“ in die gesellschaftliche Breite und in das politische Handeln getragen werden. Die Verantwortlichen haben mit den Video und Materialien eine gute Vorbereitung für klassische Medien und uns Energieblogger geschaffen. Machen wir es bekannt!
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