In einem angenehm kühlen Raum diskutierten wir gestern mit rund 40 Gästen der Berliner Energietage die Kommunikation effizienter Gebäude. Als Energieblogger und Schreibtischtäter war es für Andreas Kühl und mich eine angenehme Abwechslung, dass wir ein größeres Gespräch am offenen Tisch von Angesicht zu Angesicht führen durften. Ich will mich für die Gesprächsfreudigkeit unserer Gäste bedanken – ein frontaler Vortrag wäre für uns ein „schreckliches“ Szenario geworden. Als Diskussionsergebnis verarbeite ich die Gedanken der Gäste und schmecke diese mit eigenen fachlichen Reflektionen in meiner PR-Küche ab.
Inhalte unserer Impulsreferate und weitere Artikel zur Veranstaltung finden Sie hier:
- Energynet.de: Mehr positiv kommunizieren zur Energieeffizienz von Gebäuden!
- Energynet.de: Läuft was schief in der Kommunikation der Energieeffizienz von Gebäuden?
- Energiezukunft.eu: Energieeffizienz durch bessere Kommunikation?
Wo kommt der Dämmwahn her?
Die „zufällige Häufung“ von Schlagzeilen wie „den Dämmwahn stoppen“ hatte uns zum Thema motiviert und möglicherweise auch unser Publikum angezogen. Es wird vermutet, dass ein schwehlender Interessenskonflikt in den Medien ausgetragen wird. Mit „den Lobbys“ sind schnell die üblichen Tatverdächtigen ausgemacht worden, was einen wahren Kern haben könnte. Auch die Popularitätsmechanismen der Medienlandschaft standen am Pranger, weil Negativbotschaften leichter in den Medien ankommen. Positivbotschaften finden jedoch kaum Anklang, was auch an der deutschen „Gesellschaft der Bedenkenträger“ liegen mag. Vielleicht ist die Diagnose „Dämmwahn“ aber auch ein Bumerang, dessen Ursache in der einseitigen Beschallung der Dämmstoffindustrie liegen könnte. Differenzierte Aussagen, die dem Thema wirklich gerecht werden, sind meist ungeeignet für Massenmedien und finden erst in der Fachpresse ihren Platz. Sendeplätze für gute Dokumentationen sind erst dann, wenn die meisten bereits schlafen. Hier wurde angeregt, dass wir als Energieblogger doch gut auf diese Dokus verweisen könnten.
Gelernt: Es ist gut Journalisten fortzubilden, da manch ein schlechter Bericht der Unwissenheit geschuldet ist. Meine wichtigste Botschaft dazu ist, dass man aber auch knackiger formulieren muss. Worthülsen wie „standortangepasstes Gesamtkonzept“ sind alles andere als griffig.
Als Moderator habe ich darauf geachtet, dass wir bei den Methoden bleiben. Meine rote Karte zückte ich immer dann, wenn die Diskussion in die technischen Inhalte abdriftete – was mit Humor aufgenommen wurde.
Mir war es auch wichtig, die einzelnen Vorschläge nach dem nötigen „Involvement“ zu sortieren. Dies ist das Gefühl, ob eine Information in irgendeiner Weise relevant für jemanden ist.
Manche Ansätze können erst gelingen, wenn bereits mit einem hohen Gefühl der „Involviertheit“ aktiv gesucht wird. So wird eine Broschüre oder ein Blog nur dann gelesen, wenn man sich bereits für das Thema interessiert.
Best-Practice / Positivbeispiele
Aus der Erfahrung in Berlin wurde festgestellt, dass Spaziergänge zu Positivbeispielen immer mehr auch Laien anziehen, obwohl diese ursprünglich für ein Fachpublikum konzipiert waren. Hier handelt es sich um interessierte Personen mit hohem „Involvement“. Es wurde auch diskutiert, wie man solche regionalen Besichtigungen zusätzlich über das Internet verbreiten kann. So könnten auch Energieblogger vor Ort teilnehmen und berichten. Damit in der Presse über Positivbeispiele berichtet wird, wird ein zusätzlicher Nachrichtenwert benötigt, der beispielsweise durch Prominenz erschaffen werden kann. So kann das Interesse an Stars für Energieeffizienz instrumentalisiert werden. Nicht umsonst haben viele NGO´s Botschafter und Schirmherren, die sich auch gerne als verantwortungsvolle Menschen zeigen.
Wertewandel notwendig
Auf den offenen Tisch kam auch der berühmte Ruf nach dem Wertewandel. Wenn sich Werte wandeln, dann wandelt sich auch das Verhalten. Aber wie kann ein Wertewandel angeregt werden? Dazu muss zuerst eine hohe Bereitschaft mitgebracht werden. Einzelne müssten sich ihre ureigensten Bedürfnisse bewusst machen, um diese inneren Ziele aktiv zu verfolgen. Hierfür aber sind aus meiner Sicht intensive Gespräche nötig. Eine gelungene Schlagzeile in der Presse wird so etwas niemals bewegen können. Die Stiftung spirit.ch hat Methoden entwickelt, wie dieser Prozess durch Befragungen begleitet werden kann.
Emotion oder Amortisation – was macht Aufklärungs-Kampagnen erfolgreich?
Erfahrungsgemäß ziehen Armortisationsargumente. Es gab sogar die Überzeugung, dass sich Verhalten ausschließlich über die Geldbörse ändert. Ist dies ein Widerspruch zu der Emotionalisierung, die auch als Erfolgsgeheimnis gilt? Spricht dies den Bildern ihre ureigene Macht ab? Nein. Es geht um verpönte, aber verbreitete Gefühle: Überlegenheit, Sicherheit oder der Wunsch nach Kontrolle sind dafür Beispiele.
Man muss sich immer wieder klar machen, dass Entscheidungen zwar im Verstand reflektiert werden, aber dort nicht getroffen werden. Der Neurowissenschaftler Gerhard Roth vergleicht den gedanklichen Diskurs mit einem Regierungsprecher, der permanent die Entscheidungen anderer verkauft.
Tu es für Deine Kinder!
Besonders schön fand ich den Vorschlag einer emotionalen Ansprache. Man könnte der älteren Generation klar machen, dass die Altbausanierung eine Investition in die eigenen Kinder sein kann. Damit wurde eine weitere Möglichkeit aufgegriffen, die vielfältigen Motivationen einzubeziehen. Ein weiterer Vorschlag war es, eine positive Grundstimmung zu dem Thema anzuregen, wofür viele Schichten zugleich erreicht werden müssten. Emotionaler ist auch die Anregung, dass man doch anstelle von Fakten mehr Visionen transportieren sollte.
Über spielerische Elemente (Gamification) kann der Spieltrieb die Neugierde für Energieeffizienz wecken. So hatte ein Gast seine „Nachhaltigkeitswaagschale“ vorgestellt, in der man mit Indikatoren die Nachhaltigkeit eines Projektes checken kann.
Fazit
Es war ein gelungener Abend im Ludwig Erhard Haus. Das gigantische Thema konnte nur angerissen werden und müsste ein großer Gegenstand angewandter Forschung werden. Das Netzwerk der Energieblogger wurde an vielen Stellen mit Hoffnungen belegt, wobei wir jedoch mit unserer ehrenamtlichen Tätigkeit an Grenzen der Machbarkeit stoßen. Zu guter Letzt will ich mich bei Robert Volkhausen für die zügige und gute Organisation bedanken.
Welche Methoden sehen Sie, um energieeffizienze Gebäude erfolgreich zu kommunizieren?
Ich freue mich auf Ihre Kommentare.
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