Anstelle von Öl und Gas braucht die Wärmewende erneuerbare Energiequellen. In Deutschlands Heizungskellern findet dieser Wechsel selten statt. Um ihn zu ermöglichen, müssen wir verstehen wo es klemmt. Als ich darüber nachdachte kam mir der Gedanke, ob es vielleicht an SHK-Installateuren und dem mit ihnen verwobenen Vertriebsmodell der Hersteller liegen könnte. Wenn ein Hauseigentümer eine Heizung haben will, dann wird meist zu fossiler Brennwerttechnik geraten. Erneuerbare Optionen finden kaum Erwähnung.
Mit dieser Idee im Kopf habe ich die User in der Facebook-Gruppe „Europäische Energiewende“ konfrontiert und spannende Kommentare erhalten. Meine zweite Quelle ist die BDEW-Studie „Wie heizt Deutschland?„. Aus ihr stammen die Zahlen dieses Artikels. Der Heizungsmarkt ist sehr groß, denn
„32 % der Wärmeerzeuger wurden sogar vor 1995 eingebaut und sind somit 20 Jahre alt oder älter.“
Ausgerechnet in diesem Wachstumsmarkt wird die Wärmewende halbherzig angegangen.
Wärmewende: Hemmen Gebäudeeigentümer?
Die Nachfrage bestimmt im Heizungsmarkt der Gebäudeeigentümer. Die Konsumentenmacht ist wenigen bewusst. Viele kommen einfach nicht auf die Idee nach Alternativen zu fragen. Hier hilft nur eine unermüdliche und möglichst glaubwürdige Aufklärung.
Ein Facebook-User verwies mich auf die Investitionskosten:
„Bei Privatpersonen ist es meist ähnlich wie bei Firmen. Die Kosten entscheiden und da meist leider die Investitionskosten, weil man auf denen ja sowieso sitzen bleibt. Das Erneuerbare teils deutlich günstiger im Betrieb sind, kriegen viele nicht in den Kopf.“
Mit den Investitionskosten haben wir ein Hemmnis identifiziert.
Wärmewende: Hemmen SHK-Installateure?
Ja, es mangelt an Aufklärung zu Betriebskosten. Den Vorwurf einer mangelnden Vollkostenbetrachtung müssen sich viele SHK-Installateure gefallen lassen. Die Erklärungsbedürftigkeit des Produktes wird vermieden. Dies bestätigte auch ein Mitglied der Facebook-Gruppe:
„90% der Installateure gehen immer den geringsten Wiederstand und verkaufen hauptsächlich die einfache Technik die sie vor allem auch gut kennen. Das sind in der Regel Gas-Brennwert.“
Es klemmt also auch bei den Fortbildungen. Installateure mit vollen Auftragsbüchern fehlt die Zeit für Weiterbildungen und das ständige Einarbeiten in neue Förderkulissen. Dabei bleibt der Erfindungsreichtum auf der Strecke. Solarthermie sei für die meisten Heizungsbauer „2 Platten und Warmwasser“. Ein anderer Facebook-User beschrieb die Perspektive der Handwerker:
„Da verkauft man doch lieber ne Heizung für 5.000€ und muss den ganzen Papierkrieg nicht erledigen. Wer sich nicht ständig mit der Förderung beschäftigt, weiss nicht ob es Förderung gibt und wie hoch sie ist.“
Das Traurigste ist folgender Erfahrungsbericht eines Kundens:
„Ich habe mir Angebote geholt von drei großen Firmen. Alle drei empfehlen Heizkessel als die beste Lösung. Bei einer Nachfrage nach einer BHKW-Anlage habe ich nur Unverständnis erfahren. Angeblich unbezahlbar und unrentabel. Alle drei setzen auf eigene Lieferanten und lehnen andere Hersteller ab.“
Wärmewende: Hemmen Heizungshersteller?
Alle Hersteller bieten Anlagen für erneuerbare Wärme an. Der Vertrieb läuft über den Großhandel oder direkt über Installateure. Diese Kooperationen nennen sich „Fachpartner“, „Marktpartner“ oder „Fachkunden“ und zielen auf eine Markenbindung ab. Die konkreten Schulungsangebote konnte ich ohne Registrierung nicht ersehen. In der Produktbeschreibung ist eine fossile Dominanz erkennbar. Solarthermie und Pellets sind noch immer ein Beiwerk.
Mit Sicherheit tragen große Hersteller wie Vaillant, Buderus, Viessmann und Bosch Thermotechnik noch immer zur fossilen Dominanz bei. Ich kenne die Zahlen dieser Unternehmen nicht. Daher kann ich nicht wissen, wie weit es für die Hersteller ökonomisch sinnvoll wäre, mehr erneuerbare Heizsysteme zu verkaufen. Wenn Käufer noch Verkäufer (Installateure) fossile Technik vermarkten, dann wird eben fossile Technik hergestellt.
Ein weiteres Heizungs-Marktsegment sind Hersteller, die ausschließlich auf erneuerbare Wärme setzen. Mick Steibeck schrieb über Solarthermie:
„Es gibt aber nach wie vor die kleinen Macher, die sich eben nicht mit der 10m²-Anlage zufrieden geben… Weil die aber wissen, dass ihre Heizungsbauer nicht noch mehr Lust auf Experimente haben, gibt es eben keine 24m² fürs Einfamilienhaus und schon garnicht 50m² fürs Mehrfamilienhaus. Ich will das hier nicht verallgemeinern, da gibt es schon einige Technikabteilungen bei den Großen, die sich Mühe geben, aber der Ansatz ist eher konservativ und man sieht eine thermische Anlage eben als Ergänzung und nicht als Hauptwärmequelle > 50%. Sowas kann von den großen keiner liefern.“
Beide Segmente haben ein Problem: Die Komplexität und Individualität erneuerbarer Heizsysteme hemmen deutlich. Wer sie erfolgreich verkaufen will muss radikal vereinfachen. Das wäre auch bei einem vollständig erneuerbaren Heizsystem möglich. Nur so können voll erneuerbare Heizsysteme konkurrenzfähig werden. Die meisten mir bekannten erneuerbare Wärmeprofis müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, die Vereinfachung vernachlässigt zu haben.
Wärmewende: Hemmt die Politik?
Ja, der politische Wackelkurs verunsichert die Bevölkerung. Installateure kommen bei dem ständigen Zick-Zack-Kurs schwerlich hinterher. Selbst das BAFA kann seine eigenen Konditionen nicht richtig erklären.
Die Politik muss sich den Vorwurf mangelnder Kontinuität und damit der marktzerstörerischen Verunsicherung von potentiellen Kunden gefallen lassen. Zugleich werfe ich der Politik vor, dass diese zu sehr auf effiziente fossile Brennwerttechnik setzt.
Dennoch sind es Förderprogramme die bisherige Zwischenerfolge ermöglicht haben. Derzeit sei beispielsweise die Förderung der BAFA so gut, dass sich auch größere erneuerbare Wärmeanteile rechnen sollen.
Wärmewende: Hemmen Energieversorger?
Der Handel mit und die Leitung von Gas und Strom ist ein wichtiges Geschäft für Energieversorger. Der BDEW schrieb:
„Diese leitungsgebundenen Energieträger bilden das Kerngeschäft für zahlreiche Unternehmen der Energieversorgung: Die Nutzer von Erdgas, Fernwärme oder Strom sind nahezu ausschließlich Kunden der Energieversorger.“
Das halten dieser Kunden es wichtig.
„Betrachtet man die einzelnen Heizungssysteme, so stellt man fest: Die Erdgas-Zentralheizung ist mit Anteilen von 40,5 % bei den Wohngebäuden sowie 36,1 % bei den Wohnungen das am häufigsten vertretene Heizungssystem in Deutschland.“
Noch wichtiger sind neue Kunden. Der Wechsel weg vom Öl hin zu Gas (Brennwert) oder Strom (Wärmepumpe) liegen im strategischen Interesse vieler Energieversorgungsunternehmen. Das interessiert den BDEW:
„Bei der Modernisierung werden am häufigsten die Fenster oder die Heizungsanlage erneuert.“
„Es ist also ein deutlicher Trend weg vom Öl erkennbar.“
„5,5 Millionen Wohngebäude in Deutschland werden derzeit mit Öl-Zentralheizungen beheizt. Öl-Heizungssysteme sind älter als der Durchschnitt der genutzten Heizungssysteme..“
„Etwa 2,5 Millionen Wohngebäude lassen sich relativ leicht auf Erdgas umstellen, immerhin 240.000 auf Fernwärme. Das entspricht einem Potenzial von über 2,7 Millionen Wohngebäuden in Deutschland!“
„Bei den Ein- und Zweifamilienhäusern könnten 48 % der bislang mit Öl beheizten Gebäude auf den Energieträger Erdgas umgestellt werden, da sie sich in einer Straße mit vorhandener Gasleitung befinden.“
Energieversorger müssen sich den Vorfurf gefallen lassen in ihrem Interesse die Weichen in Richtung Gasheizungen zu stellen. Dabei wird opportun die mittelmäßige Klimaschutzwirkung betont und von der größeren Klimaschutzwirkung eines erneuerbaren Heizsystems abgelenkt.
Lasst uns Hemmnisse abbauen!
Man sieht deutlich, dass viele zu den Hemmnissen der Wärmewende beitragen. Zugleich können viele zum Gelingen der Wende hin zu erneuerbaren Energien beitragen.
Wer sich für die Wärmewende interessiert, der sollte auch Stephan Günthers Gastartikel bei Technewable über die Bedeutung der Wärmewende lesen. Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Wir freuen uns über Verbreitung.
Da fehlt uns ökologischen einfach die Lobby und die nötige Finanzkraft, wobei es ja in unserer Politik leider so ist dass sich aus der Finanzkraft die Lobby ergibt, logische Argumente ziehen da nicht. Wenn man einmal die Vorteile einer Hanfdämmung gegenüber einer mineralischen (Glaswolle) Dämmung betrachtet:
Eine Hanfpflanze bindet in Ihrem Wachstum mehr CO2 als bei der Herstellung zum Dämmstoff freigesetzt wird. Zudem ist sie eine sehr schnell nachwachsende Pflanze. Bezieht man das einmal auf das nötige Dämmvolumen von 150cbm (Passivhaus), dann hat man bereits eine Menge an CO2 eingespart (2,26 to.), die 12914 gefahrenen Kilometern eines Mittelklasse PKW entspricht. Noch bevor der Dämmstoff Heizkosten spart ist man also schon im Plus. Hier würde sich doch zur Erreichung der Klimaschutzziele eine Förderung rechnen. Zum Vergleich: Bei der Herstellung einer Mineralwolle ist man zu diesem Zeitpunkt schon 267457km gefahren und die muss man dann erst wieder reinholen, bevor sich das fürs Klima rechnet.
Bei den großen Herstellern sehe ich schon deutliches Optimierungspotenzial. Ich war letztes Jahr auf einer Pressekonferenz von Bosch Thermotechnik im Rahmen der ISH. Da konnte man sehen, dass sich deren Absatz von Erneuerbaren quasi überhaupt nicht erhöht. Auch das Ziel der EU ab 2020 nur noch Nullenergiehäuser im Neubau zu erlauben, wurde offen in Frage gestellt. In Afrika fingen die sogar an massenhaft Durchlauferhitzer zu verkaufen.
In der Stromwende gibt es das Ziel aus der Nutzung der Atomkraft auszusteigen. Bei der Wärmewende fehlt dieses Ziel noch, es herrscht noch keine Einigkeit über den Ausstieg aus Öl und Gas für die Heizung. Daher wird auch noch der Austausch von Öl- und Gasheizungen gefördert. Das Argument der enormen Einsparungen im CO2-Ausstoss bei Austausch aller alten Heizungen zieht eben bei vielen Menschen. Hinzu kommt der einfache Austausch ist bequem und günstig.
Der Wechsel zu erneuerbaren Energien ist nicht so einfach wie bei Strom. Es geht auch nur schrittweise umzusteigen. Meine Hoffnung ist die Sektorkopplung mit PtH und PtG werden wir mehr erneuerbare Fernwärme und Ökogas bekommen in den nächsten Jahren.
Öl und Gas dominieren bei den Herstellern, wer zur großen Heizungsmesse ISH nach Frankfurt geht, fragt sich in welchem Jahr wir eigentlich leben. Bei Öl und Gas liegt aber leider auch noch die Mehrheit der Nachfrage.
Wichtig ist für die Wärmewende die Beratung zu stärken, da empfehle ich einen Blick in die Innovation City Ruhr mit 3% Sanierungsqupte in Bottrop, und mehr positive Beispiele zu stärken. Letzteres möchte ich machen.
Die KfW fördert über das Zuschussprogramm 430 fossile Brennwertkessel (Öl/Gas). Einfacher Kesseltausch ist am bequemsten. Außerdem haben die Handwerker alle genug zu tun. Im Neubaubereich dagegen läuft es nur noch in Richtung Wärmepumpe, gerne auch mit PV kombiniert.