Seit einer Weile habe ich den Verdacht, dass Achtsamkeit zu nachhaltigem Verhalten führen würde. Als ich erfuhr, dass genau dies erforscht wurde, hatte ich mich binnen Minuten für die Abschlusskonferenz des Forschungsprojektes „BiNKA – Bildung für nachhaltigen Konsum durch Achtsamkeitstraining“ angemeldet. Auf der Zugrückfahrt kann ich nun zu den Ergebnissen bloggen.

Moment einmal. Was ist mit Achtsamkeit gemeint?

Gemeint ist eine meditative geistige Haltung. Wenn man hier und jetzt seine Gefühle, Körperwahrnehmungen und Impulse liebevoll beobachtet, ohne diese zu verurteilen oder den Impulsen hinterherzurennen, ist man achtsam. Bereits wenige bewusste Atemzüge oder Schritte reichen, um für einen Moment aus dem Hamsterrad auszusteigen.

Meine hohen Erwartungen dämpfte Prof. Dr. Ulf Schrader an TU-Berlin sofort. Vielmehr müsse man die Ergebnisse differenziert betrachten.

„Achtsamkeit ist keine Wunderwaffe für Nachhaltigkeit.“

Achtsamkeit kommt aus der buddhistischen Tradition

Der Vorteil der wissenschaftlich sorgfältigen Betrachtung ist das Vertrauen, dass sie für das Thema aufbaut. Mit ihr kann die Achtsamkeit schlicht nicht als Spinnerei abgetan werden. Persönlich fand ich die kopflastige Wissenschaftlichkeit anstrengend. Ich mags praktisch.

Um an die Ergebnisse zu kommen haben die Forscher einen eigenen BINKA-Achtsamkeitskurs entwickelt und diesen als Möglichkeit zur Stressminderung angeboten. Über acht Wochen durften Arbeitnehmer und Studierende am Achtsamkeitskurs teilnehmen. Natürlich wurde auch an eine Vergleichsgruppe gedacht. Zwischendrin dann wurden die Teilnehmenden quantitativ und qualitativ befragt. Folgende Ergebnisse wurden festgestellt:

Es geht einem besser und materielle Werte werden weniger wichtig

  • Es wurde kein signifikanter Einfluss des Achtsamkeitstrainings auf eine nachhaltige Ernährung oder einen nachhaltigen Kleiderkonsum festgestellt. Einzelne Teilnehmende berichteten gleichwohl von Veränderungen.
  • Durch das Achtsamkeitstraining werden materielle Werte weniger wichtig. Damit dürfte die Anfälligkeit für sinnlosen Konsum sinken.
  • Das subjektive Wohlbefinden steigt durch Achtsamkeitstraining.
  • Das Achtsamkeitstraining macht achtsamer, was sich unter Anderem in mehr Gelassenheit oder mehr Akzeptanz der Ist-Situation ausdrückt.

Was bedeutet dies für die nachhaltige Entwicklung?

Mit Achtsamkeit können Interessierte sich selbst dabei helfen, ihr Verhalten mit den eigenen Werten in Einklang zu bringen. Menschen können sich so selbst vom Wissen ins Handeln bringen. Achtsamkeit beruht zu 100% auf Freiwilligkeit. Wir stoßen auch mit diesem wunderbaren Ansatz an Grenzen der Breitenwirksamkeit, die wir demütig anerkennen müssen. Was wir mit der Achtsamkeit jedoch hinkriegen können ist, dass gestressten Menschen geholfen wird. Das ist für sich gesehen bereits sozial nachhaltig. Auch kann sie den gesellschaftlichen Pionieren helfen, den eigenen vorgelebten Wandel inmitten des sozialen Anpassungsdrucks durchzuhalten. Momente in Achtsamkeit sind sehr erfrischend. Was ich an Achtsamkeit so sehr mag ist, dass jede und jeder gratis auf den inneren Schatz der Achtsamkeit zugreifen kann. Dieser innere Reichtum ist für alle verfügbar. Man selbst und das unmittelbare Umfeld profitiert.