„Das EEG abschaffen, Subventionsabbau,..“ Diese Forderungen haben meine Schreibfeder angestichelt. Meiner Meinung nach sind derartige Überlegungen zu diesem Zeitpunkt ein Murks. Das Wort „Murks“ ist noch kein konstruktives Feedback zu dem Artikel meines Energieblogger-Kollegens Thorsten. Ich will aus meiner Sicht die Rolle eines freien Marktes, eines lenkenden Staates und der ungeschützten Verbraucher differenzieren und schildern, warum der Ansatz wenig zielführend ist. Ziel wäre 100 % erneuerbare Energien und die sich daraus ergebende Klimaschutzwirkung, Ressourcenschonung, Konfliktentschärfung,  Arbeitsplatzschaffung und Arbeitsplatzerhaltung.

Vorab muss eines klar sein. Ich schätze Thorsten enorm für sein Querdenken, seine Stromnetz- und seine Strommarktkompetenz. Bei uns Energiebloggern ist die freie Meinungsäußerung, und die offene Diskussion darüber ein sehr hohes Gut. Deshalb ist eine lebendige Kontroverse untereinander auch willkommen. Wir sind schließlich keine Partei und auch keine Lobbyorganisation, die in Hinterzimmern gemeinsame Kurse ausfechtet. Bei uns können Sie das in den Blogs, Kommentaren sowie auf Twitter & Co. nachvollziehen. 100 % erneuerbare Energien und Bürgerbeteilligung bleiben zugleich der gemeinsame Nenner.

Subventionen und zahlende Verbraucher

Subventionen und Umlagen kosten. Diese Kosten landen oft beim Verbraucher, denn Verbraucher werden selten durch die Regierung beschützt. Leider ist das so.

Das ist beispielsweise mit allen „externen Kosten“ der Fall. Wenn ein Kohlekraftwerk krank macht. Dann zahlen manche mit der Gesundheit und in das Gesundheitssystem. Wenn als Folge von Ressourcenkonflikten oder Klimaveränderungen Menschen in Richtung Wohlstand fliehen, dann muss sich die Gemeinschaft kümmern. Wenn Atomkonzerne ihre Haftung durch eine Stiftung und/oder Firmenaufsplittung begrenzen, dann zahlen wir alle dafür. Auch lesenswert dazu die Studie zu gesellschaftlichen Kosten der Braunkohle.

Wenn immer mehr Unternehmen von der EEG-Umlage befreit werden, dann zahlen kleine und mittlere Unternehmen sowie private Verbraucher eine höhere Umlage der Ausbaukosten. Dank des EEG-Paradoxons zahlen diese privaten Verbraucher und zahlenden Unternehmen auch für die niedrigen Börsenstrompreise, die durch den immensen Stromüberschuss aus Kohlestrom + Atomstrom + erneuerbaren Strom derzeit bestehen.

Auch zahlen wir für intransparente Subventionen in klimaschädliche Technologien, wie das Forum-Ökologisch-Soziale-Marktwirtschaft immer wieder schön in „Was Strom wirklich kostet“ aufdröselt.

Freier Markt und staatliche Leitplanken

Ich bin für einen freien Markt innerhalb vernünftiger Leitplanken.

Warum Leitplanken? Der Markt sind Menschen die durch betriebswirtschaftliche Interessen geleitet sind. Das ist als Anreiz für deren Tätigkeit gut. Der Markt hat jedoch nicht die zusätzliche Verantwortung für die gesamte Volkswirtschaft und ihrer Grundlage des Ökosystemes im Blick. Es gibt keine unsichtbare Hand des Marktes, die Adam Smith postuliert hat. Diese durch eine starke Liberalisierung propagierte Illusion ist allein dadurch schon eine Utopie, weil nicht alle am Markt über die gleichen Informationen verfügen. Für diese Feststellung erhielt der Ökonom Joseph Stieglitz einen Nobelpreis. Wenn der „freie Markt“ ohne Regulierung eine über den Ertrag hinaus gehende Vernunft entfalten würde, dann gäbe es die Krisen nicht, gegen die sich unter anderem die Nachhaltigkeits-Bewegung stemmt.

Das heißt jedoch eben nicht, dass es keine Marktfreiheit geben sollte. Ohne Marktfreiheit ist ein funktionieren der heutigen Gesellschaft und eine Bedürfnisstillung wie Dächer, Mahlzeiten und medizinische Versorgung kaum vorstellbar. Welche Art von Leitplanken der Klima- und Ressourcenschutz benötigt, hat der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) erarbeitet.

Zielmarken ohne Wege der Umsetzung reichen nicht.

Staatliche Leitplanken umsetzen

Die Umsetzung von Leitplanken kann nur in einem Mix erfolgen. Ich glaube auch, dass man die Vielfalt von Instrumenten dafür braucht, damit nicht Einzelaktionen die Volkswirtschaft von dem notwendigen Wandel abbringen können. Wir müssen die Lobby-Politik-Filz-Realität mitdenken. Puristen wie Smith bringen es nicht. Dem aktuellen rumgeeire der Energiepolitik fehlt die Entschlossenheit. Man will ein altes System bewahren und zugleich die Energiewende umsetzen. Dabei werden für große und kleine Akteure saubere Wachstumspfade begrenzt, statt für dem richtigen eine freie Fahrt zu eröffnen.

Subventionen für atomar-fossile Energie zu streichen, ist der erste Schritt, um den Markt auf Dekarbonisierung zu trimmen.

Ich würde ein Verfallsdatum für Kohlekraftwerke vorschlagen und halte die Richtung eines schrittweisen Kohleausstieges für alternativlos richtig.

Thorsten hat sich einen Hybridstrommarkt ausgedacht. Dieser hätte gegenüber dem nun beschlossenen Strommarkt 2.0 viel bessere Mitmachmöglichkeiten für große und kleine Akteure geboten. Alleine aber besteht darin kein ausreichender Anreiz zum Wandel hin zu erneuerbaren Energien.

Diese Lenkungswirkung würde sich dann aus dem Emissionshandel ergeben. Man könne das EEG daher abschaffen. Der Emissionshandel ist viel zu angreifbar durch Interessensvertreter und dem Staatenzirkus. Sodass er zu wirkungslosen Verwaltungskosten missraten ist. Ja, es gibt Ansätze diesen zu reparieren. Wenn diese vielleicht in einer Dekade greifen, dann könnte dieses Werkzeug eine größere Rolle zur Einpreisung externer Kosten für Klimafolgen spielen.

Der Ausbau erneuerbarer Energien kann nicht pausieren, wenn Klimaschutz ernst genommen wird. Mit dem Umbau des EEGs wird dieser bereits enorm gebremst. Die Abschaffung des EEG würde mangels Alternativen den Ausbau noch stärker bremsen. Es ist in meinen Augen eine noch schlechtere Idee, als der Murks der in Berlin diskutiert wird.

Wenn alle atomar-fossilen Subventionen abgebaut sind, das schrittweise Abschalten von Kohlekraftwerken erzwungen wird, nukleare Altlasten durch Verursacher gezahlt werden, Gesundheitskosten durch Kohlekraftwerke durch Verursacher eingepreist werden und Klimafolgekosten durch Verursacher eingepreist werden, dann würden die Leitplanken für einen freien Markt bestehen, in dem das richtige passieren kann. Auch die weiter sinkenden Kosten für erneuerbaren Strom wirken zielführend. In diesen Leitplanken würde kein EEG mehr gebraucht werden.

Bis dahin: Finger weg vom EEG. Selbst die enorme Verschlechterung des EEGs ist besser als kein EEG.

Ich finde eine Diskussion zielführend, wie das EEG einen schnellen Ausbau so anreizen kann, dass alle in die richtige Richtung wachsen können. Die Ausbauhemmnisse hemmen selbst die Energiekonzerne bei einem Wandel. Und sie nehmen den mir viel sympatischeren vielen kleinen und mittleren Unternehmen die Marktzugänge. Lass uns darüber reden, wie Verbraucher dadurch entlastet werden, dass diese nicht stets die Zeche größere Unternehmen mitzahlen müssen.

Oder habe ich da etwas missverstanden?