Mit der EEG-Reform wurde am vergangenen Freitag die Bürgerenergie entmachtet. 80% des erneuerbaren Stromes werden künftig ausgeschrieben. Es sind Barrieren durch Kapitalbedarf, Planungsunsicherheit und Verkomplizierung aufgebaut worden. Der künftige erneuerbare Stromerzeugungsmarkt wird unter wenigen großen Akteuren aufgeteilt. Den eigentlichen Treibern und Machern der Stromwende der Handlungsspielraum bewusst und aktiv zerstört. Mit in diesem Krater liegen Akzeptanz für, und ein Teil der regionalen Wertschöpfung durch, erneuerbare Stromquellen begraben.

Bürgerenergie: Wie geht es weiter?

  1. Nach der Reform ist vor der Reform. Man wird seine Lehren aus dem Coup großer Wirtschaftsbosse ziehen und sich stärker aufstellen.
  2. Man wird sich in neuen Geschäftsfeldern, wie gemeinsam organisierte energetische Sanierungen, probieren. In einem Podcast zu neuen Geschäftsmodellen der Bürgerenergie hat Andreas Kühl eine passende Studie des Bündnis Bürgerenergie vorgestellt.
  3. Man wird prüfen, ob die Erleichterungen des BMWi vielleicht doch für einzelne Bürgerenergieprojekte funktionieren.
  4. Man wird neue Kooperationen im erneuerbaren Strommarkt andenken.

Kooperationen suchen

In der „Bürgerenergie“ steckt eine einfache Logik: Eine schnelle Energiewende werden nur jene machen, die sich damit nicht in das eigene Fleisch schneiden. Es sind neue und von der konventionellen Energiewirtschaft unabhängige Akteure, die sich für eine gesellschaftliche Mitgestaltung einer neuen Energiewelt einsetzen. Der Vordenker Hermann Scheer konkretisierte diesen strategischen Aspekt in einem seiner Bücher – wir durften das Kapitel hier auf SUSTAINMENT´s Blog veröffentlichen.

Kooperationen der Bürgerenergie müssen dieser Logik folgen, wenn Bürgerenergie ein Treiber des Wandels sein will.

Wie findet man geeignete Partner für die Bürgerenergie?

Es ist sehr einfach:

  1. Die Partner müssen unabhängig von der konventionellen Energiewirtschaft sein. Eine Zusammenarbeit mit von Kohle, Öl und Atom abhängigen Unternehmen stärkt den zu langsamen Ausbaupfad erneuerbarer Energien. Bremsmotiv ist das wirtschaftliche Eigeninteresse am Fortbetrieb jener Kohle- und Atomkraftwerke. Diese aber sollten sukzessive abgeschaltet werden und Platz für 100% erneuerbare Energien schaffen.
  2. Die Partner dürfen keine Kohle- oder Atomkraftwerke betreiben, an den Betreibergesellschaften oder anderen Schritten der atomar-fossilen Wertschöpfungskette finanziell beteilligt sein.

Es kommen demnach alle in Frage, die bereits divestiert haben. Stadt- und Gemeindewerke finde ich wegen des regionalen Bezuges immer dann besonders interessant, wenn diese den bereits genannten Kriterien entsprechen und beispielsweisen in kommunaler Hand betrieben werden. Solche Stadtwerke können von der Sache her gute Partner sein. Ob diese wirtschaftlich stark genug sein können muss überprüft werden.

Wie prüft man die Eignung von Partnern für eine schnelle Energiewende?

Für die erste Prüfung reicht ein Blick in die Kraftwerkliste der Bundesnetzagentur. Wer dort nicht als Betreiber eines Kohle- und/oder Atomkraftwerkes gelistet ist kann in die Vorauswahl kommen. Gaskraftwerke klammere ich dabei aus, da diese in der Tat eine Brückentechnologie darstellen könnten.

Heute würde ich aus Sicht der Bürgerenergie Kooperationen mit folgenden Betreibern ablehnen (Stand 10.5.2016):

E.ON Kernkraft GmbH, EnBW Energie Baden-Württemberg AG, Energie SaarLorLux AG, Evonik Degussa GmbH, GDF SUEZ Energie Deutschland AG, Gemeinschaftskraftwerk Kiel GmbH, Gemeinschaftskraftwerk Veltheim GmbH, Grosskraftwerk Mannheim AG, Helmstedter Revier GmbH, Kernkraftwerk Gundremmingen GmbH (KGG), Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH (KLE), Koehler SE, Kraftwerk Voerde beschränkt haftende OHG, Mark-E AG, Martinswerk GmbH, Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH, Nordzucker AG, Papierfabrik Schoellershammer, Heinrich August Schoeller Söhne GmbH & Co. KG, Pfeifer & Langen Kommanditgesellschaft, Reno De Medici Arnsberg GmbH, RheinEnergie AG, ROMONTA GmbH, RWE Generation SE, RWE Power AG, Stadtwerke Flensburg GmbH, Stadtwerke Hannover AG, Steag GmbH, STEAG Power Saar GmbH, swb Erzeugung GmbH & Co. KG, SWK – Stadtwerke Kaiserslautern, Trianel Kohlekraftwerk Lünen GmbH & Co. KG, Uniper Kraftwerke GmbH, Vattenfall Europe Generation AG, Vattenfall Europe Wärme AG, Vattenfall Kraftwerk Moorburg GmbH, Volkswagen AG, VSE AG, Kraftwerk Ensdorf und WSW Energie & Wasser AG

Die zweite Prüfung ist aufwendiger, jedoch gleichermaßen wichtig. Man muss recherchieren, ob Anteile des Unternehmens einem Unternehmen gehört, dass an anderer Stelle mit Kohle, Öl oder Atom Geld verdient.

Wer dieser Logik folgt wird viele Unternehmen finden, die sich als Partner der Bürgerenergie eignen. Denen muss der Nutzen einer Partnerschaft erklärt werden. Dies ist eine andere Story.

Das Damokelesschwert „Ausschreibungen“ schwebt seit 2014 über der Bürgerenergie. Daher sind auf SUSTAINMENT´s Blog bereits einige Artikel zum Thema erschienen: