Ein Gastartikel von Mathias Gößling

Eine Epidemie bricht aus, wenn jedes mit einem bestimmten Erreger infizierte Individuum mehrere andere ansteckt.

Dieses einfache Grundprinzip gilt auch für das virale Marketing. Aber wie bringt man Menschen dazu, andere „anzustecken“? Was motiviert sie, bestimmte Inhalte weiterzuverbreiten?

Die einfachste Möglichkeit ist der Skandal. Wenn man wichtige gesellschaftliche Regeln bricht, regen sich Menschen auf und warnen die anderen. Dadurch kann man sehr schnell bekannt werden – und wer berühmt oder berüchtigt ist, findet oft Bewunderer und Nachahmer. Pegida ist ein gutes Beispiel dafür.

Die zweite Möglichkeit besteht darin, seinen Mitmenschen etwas anzubieten, das einen Nutzen hat. Ein Werkzeug also, das viele brauchen. Ein anschauliches Beispiel dafür ist Google. Es gibt wahrscheinlich Millionen, wenn nicht Milliarden von Menschen, die anderen erklärt haben, wie man Google benutzt und was das Wort „googeln“ bedeutet.

Bei unserem Anti-Atom-Video „Du bist dumm“ haben wir beide Ansätze miteinander kombiniert – den Skandal und den Nutzen.

Der „Skandal“ war der provokante Titel des Videos – ein kleiner Tabubruch, der neugierig machte. Der Nutzen lag darin, dass man mit dem Film zu Protesten gegen die Atomkraft aufrufen konnte – das Video war ein Werkzeug zur Mobilisierung.

Normalerweise ist die Nachfrage nach einem solchen Werkzeug natürlich begrenzt. Am 11. März 2011 war die Situation aber nicht normal. Die Bundesregierung hatte kurz zuvor den Atomkonsens aufgekündigt, den mit viel Mühe ausgehandelten Ausstieg aus der Atomkraft. Und dann explodierten die Reaktoren in Fukushima.