In Kassel wurden die traditionell gewachsene Energiewendebewegung mit der modernen Medienlandschaft verknüpft. Das haben wir bereits bei den Barcamps erlebt. Noch hat es sich nicht überall herumgesprochen, dass eine Gleichbehandlung von kleinen Online- und großen Offlinejournalisten der Sache gut tut. Die Einladung zum Kongress „100%-Erneuerbare-Energie-Regionen“ hatte ich gerne angenommen, auch weil es nur eine halbe Bahnstunde von Göttingen aus entfernt ist. Letztlich geht es bei der Energiewende um Menschen. Es geht um uns.

We, the people

In Nordhessen und Südniedersachsen gibt es schon lange aktive „Energiebürger“. Sprich Menschen, die nicht nur Gemüse aus dem eigenen Garten wollen, sondern auch ihre Energiequellen kontrollieren wollen. Darum geht es bei der Dezentralität: Jeder und Jede sollen die Möglichkeit haben, ihre Energie selbst in die Hand zu nehmen. Auch geht es darum, einen Großteil der Energie am Ort des Verbrauches zu erzeugen. Wer sich um nichts kümmern will, für den gibt es ja bereits komfortable Lösungen, die auch von Menschen angeboten werden. Das dritte Mal geht es um Menschen, wenn wir ernsthaft an die Perspektive für künftige Generationen denken. Ja, so konservativ denke ich. Im alten Latein bedeutet „conservativus“ erhaltend oder bewahrend. Ich will eine lebenswerte Welt erhalten. In dieser Welt darf auch der Komfort erhalten bleiben. Das tolle an den Veranstaltenden ist, dass diese noch viel mehr solcher Regionen zusammengebracht haben. Im ganzen Lande gibt es Kommunen, die bei sich in der Sache vorweg gehen. Damit meine ich nicht die kommunalen Aktionäre des traditionellen rheinisch-westfälischen Elektrizitätswerkes, sondern die ausgezeichneten 100 % Erneuerbare Energien Regionen.

Kommuniqué für die dezentrale Energiewende

In der Pressemitteilung zum Kongress gefiel mir der Titel „Mut zur dezentralen Energiewende“. Es braucht viel Mut, um in immer ungewisseren Zeiten den eigenen Werten treu zu bleiben. Eigentlich ist es ganz einfach, man muss nur die Manipulationsversuche enttäuschen und sich nicht über den Tisch ziehen lassen. Das Kongressprogramm ist geprägt von Ermutigung und einem Veränderungswillen. Es ist schlicht richtig Geschichten des Gelingens zu erzählen und die Stärken aufzuzeigen. In Nordhessen haben bereits viele oder einige verstanden, dass in den vermeintlich schlechteren Rahmenbedingungen auch erhebliche Chancen stecken und das man sich jetzt erst recht für eine dezentrale Energiewende einsetzen kann. Vielleicht ist die kommende Phase der Energiewende schwieriger und noch umstrittener. Deshalb ist ein höflicher Umgang wichtig, um in den Konflikten auch zu Lösungen zu kommen. Blockaden sind am Beispiel der USA im Wahlergebnis auf die zu demontierende Zielperson zurückgefallen. Wir müssen miteinander reden, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sein müssen.

In dem prächtigen Rahmen stellte der 100ee Regionen Netzwerk ihre Forderungen zur Energiewende vor. Lesen Sie es gerne, hier aber notiere ich nur die Überschriften:

Es geht um eine stärkere eingebundene Rolle der kommunalen Akteure, um Akzeptanz in der Bevölkerung und darum, dass auch Geld in den Regionen bleibt. Das Tempo geht vorweg von der Berliner Bremse auf das kommunale Gaspedal. Es werden erneuerbare Energien und die Reduktion der Verbräuche integrativ in den Sektoren Strom-, Wärme- und Mobilität betrachtet. Deutschland soll als Technologiestandort erhalten bleiben, womit die herstellenden Industrien gemeint sind. Auch wird ein regionaler Markt für die Energie, das Lastmanagment und die Speicher gefordert. Am wichtigsten erscheint mir der Wunsch einer positiven Energiewendekultur. Anstelle mit dem Rücken an der Wand ist es Zeit dafür den Spieß, dass Acror Pilum umzudrehen. Mut zur Energiewende ist doch genau das Entwickeln frischer Ideen und nicht nur die Schleife der Rückmeldung zu einer einseitigen strategisch ausgebufften Kostendiskussion. Es werden Pendelbewegungen bleiben, bei denen immer wider in der Defensivphase Kraft für frische Impulse gesammelt wird. Der Satz wird für alle der verflochtenen Polaritäten gelten. Mir kam es so vor, als ob eine gekränkte Bewegung wieder aufgerichtet werden soll.

Eigentlich war ich zur Praxis der Windenergie gekommen. Zum einen ist es eine der wichtigsten erneuerbaren Energiequellen auf dem Weg zum geschützten Klima, die in einem strengen ökologisch-ökonomischen Korsett an vielen, aber nicht allen Orten sinnvoll ist. Es geht um Lösungen in denen Naturschutzinteressen, Anwohnerinteressen und der Klimaschutz ausgewogen sind. Es gab kein neues Bild. Die Pacht, der Flächenwettbewerb, die Avifauna, die Planungsprozesse, die Sichtbarkeit am Horizont und die kommunalpolitische Verantwortung prägen das Bild.