Ich bereite mich gerade auf eine Vorlesung vor, in der ich Studenten aus dem ökologisch affinen Kalifornien Praxisantworten geben darf. Thema der Vorlesung in „Communication Studies“ ist die Klimaschutz-Kommunikation in Deutschland. In der Vorbereitung hatte mir die Hochschullehrerin Bettina Brockmann von der San José State University ihre wissenschaftlichen Quellen genannt. Bettinas Literaturempfehlung stelle ich gerne in SUSTAINMENT´s Blog vor.

Buchtipp: Creating a Climate for Climate Change

Communicating Climate Change and Facilitating Social Change
von Susanne C. Moser und Lisa Dilling / Cambridge University Press

Für die Vorlesung beschäftige ich mich mit dem Artikel „Education for global responsibity“ von Mary Catherine Bateson. Was also kann Bildung für globale Verantwortung leisten? Als erstes denke ich da an das Programm „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ der in diesem Jahr auslaufenden UN-Dekade, von der ich in meiner eigenen Ausbildung profitiert habe und an der ich ein ganz kleines bischen beteiligt sein darf.

Bateson beginnt mit der richtigen Feststellung, dass der Klimawandel einen unmittelbaren und entschiedenen Handlungsbedarf zum Selbstschutz unserer Gesellschaft erfordert. Ich bin der Meinung, man muss genau dies gebetsmühlenartig wiederholen, bis wir ein globales 100 % erneuerbares Energiesystem haben und vieles mehr. Andere meinen, dass die noch überwiegende Tatenlosigkeit eine Entschuldigung dafür sein kann, dieses Thema von der Agenda zu nehmen. Das Gegenteil ist der Fall: Mit jedem verstrichenen Tag steigt der Handlungsbedarf. Zudem muss die Reaktionsgeschwindigkeit zunehmend beschleunigt werden, um den Zusammenbruch zu dämpfen. Wenn es bei einem brennt sagt man doch auch nicht „ich lösche nicht, weil zu wenige löschen“.

Folgende Kernaussagen von Bateson finde ich wichtig:

  • Weit über Fakten hinaus muss es gelingen, dass sich Menschen als Teil der Lösung im Veränderungsprozess identifizieren.
  • Anstelle einem getrennten individuellem Selbstverständnis wird eine Identifikation als Teil des gemeinsamen Ökosystems gesehen. Die Luft die Du ausamtest und ich einatme; Bin das „ich“? Ist die Kartoffel in meinem Mund „ich“, oder werden enthaltene Nährstoffe erst während der Verdauung „ich“?
  • Metaphern sind schwieriger zu finden, je komplexer das System wird, wie es bei unserem Wetter beispielsweise der Fall ist. (Was wir nicht verstehen nennen wir „Zufall“. Entbindet dieses Unvermögen von einer Chance zur Verantwortung?)
  • Narrative/Storytelling: Ein Ort, Tag und eine Handlung sind eingänglicher als Abstraktes, können aber in globale Zusammenhänge eingebettet werden. Dies deckt sich mit neurowissenschaftlichen Aussagen, über die SUSTAINMENT´s Blog berichtet hatte.
  • Es ist gut Verbindungen zwischen unterschiedlichen Lebenszusammenhängen (Kontext) herzustellen, so können sich Individuen unterschiedlicher Kulturen und Altersgruppen angesprochen fühlen.
  • Selbstreflektion und -beobachtung in relevanten Situationen. Was regt sich beispielsweise in Dir, wenn Du von Hamburg nach München willst und zwischen Bus, Zug, PKW und Flugzeug wählen kannst?
  • Denkgewohnheiten ändern
  • Das lebenslange Lernen stärken

Fragen der Studentinnen und Studenten

Wenn man eine Kommunikation für eine Zielgruppe macht, muss man eigentlich immer die häufigen Fragen der gewünschten Menschen kennen. Ich fand folgende „amerikanische Fragen“ interessant:

  • „If Sustainment were asked by the U.S government to help communicate environmental sustainable practices to the more conservative groups in the U.S, how would it go about it?“
    Genau diese Frage müssen wir auch im deutschsprachigen Raum beantworten: Wie erreichen wir die breite Mehrheit konservativer Bürgerinnen und Bürger! Selbstbeweihräucherung und Schuldzuweisung gibt es bereits genug unter den ökologisch Affinen.
  • „What is the most effective strategy for getting to know your audience? Referring to the Sustainment PDF where it states, „In each country within the target markets we need specified cultural approaches – a translation into the culture.“
    Genau so, wie ein Text immer durch die Hand eines sprachbegabten Muttersprachlers gehen muss, sind für andere Kulturen immer Partner vor Ort notwendig. Alles Andere ist Selbstüberschätzung.
  • „When trying to promote sustainable habits/idea/products to Americans, do you think it is more important to appeal to their sense of individuality or to get people to take a more global worldview?“
    Beides. Man soll sich gut fühlen, während man ein Teil der Lösung wird. Und es ist sehr nützlich, sich wieder als Teil des Ganzen in einer offenen Gemeinschaft zu fühlen. Ein Fehlverständnis ist das Abschotten in Nationen oder kleinen Kulturkreisen. Selbstbewusstsein im Gruppenbewusstsein könnte die Formel sein.

Was würden Sie den Studentinnen und Studenten sagen?
Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!