Gastbeitrag von Dr. Rainer-W. Hoffmann, Universitätsprofessor i.R. (Soziologisches Seminar der Georg-August-Universität Göttingen).

Gemeinhin zeigt ein „Monitor“ etwas an, erschafft es jedoch nicht. Ganz anders der vorliegende „Meinungsmonitor Energiewende“. Er greift tief in die Kiste der Tricks, durch die Meinungsforschung Meinungsmacher wird. Einiges sei exemplarisch skizziert.

Mit zahlreichen vergleichbaren Projekten teilt der vorliegende Bericht einen grundlegenden Makel, gegen den kaum ein Kraut gewachsen ist. Eine unbekannte Teilmenge der von der Interviewerschar Angesprochenen verweigert nicht die Antwort auf die eine oder andere Frage, sondern die Teilnahme schlechthin – man redet bei diesem Phänomen über eine Größenordnung von um die 50 %. Da es sich zudem um eine Telefonumfrage handelt, werden unweigerlich Menschen ausgeschlossen, die entweder gar keinen Anschluss oder aber nur ein Mobilgerät haben. Diese beiden Defizite betreffen allerdings nur das Vorfeld der eigentlichen Untersuchung.

Weitere schwere Fehler finden sich im Bereich des Fragewortlauts und der Bildung sowie der internen Abgrenzung der Antwortkategorien. So wird vor die eigentliche Frage die Unterstellung montiert, dass durch den Umstieg auf erneuerbare Energien mit „steigenden Strompreisen zu rechnen“ sei. Nach dieser in Fachkreisen keineswegs unstrittigen Auffassung geht es dann um das subjektiv noch tolerable Ausmaß der Preissteigerungen. Der selbe Typ von „Fehler“ (?) Wird ein weiteres Mal begangen, wenn nach der Bereitschaft gefragt wird, „über weitere Umlagen auf den Strompreis zur Finanzierung der Energiewende beizutragen„.

Dafür fehlt jede Gelegenheit für die Befragten, sich mit den wirklichen Preistreibern der Energiewende auseinander zu setzen. Die Begünstigung von immer mehr angeblich besonders energieintensiven Unternehmen in internationalen Konkurrenzbeziehungen z.B. kommt im Untersuchungsdesign nicht vor. Auch der Komplex Netzvergütung wird „vergessen“.

Wie so oft wird den befragten Personen ein vorgefertigter Katalog von Antwortmöglichkeiten vorgelegt, unter denen nur noch gewählt werden kann. Augenscheinlich steht und fällt die Qualität einer Untersuchung mit dem fachlichen Niveau dieses Kategoriensystems. Wenn hier nach der Wichtigkeit bestimmter Aspekte der Energiewende gefragt wird, sollten Dimensionen einbezogen werden, die zum Beispiel die Generationengerechtigkeit, die Ressourcenschonung, die Lebensqualität usw. betreffen. All dies findet sich in der vorliegenden Untersuchung nicht. Stattdessen wird nach mehr oder minder subsumierten Aspekten gefragt, die sich gar nicht mehr sinnvoll beantworten lassen, wenn man den allgemeinen Ausbau der erneuerbaren Energien befürwortet. So ist es schlicht selbstverständlich, dass im Zuge der Energiewende sich der Rückgriff auf fossile Energieträger verringert.

Es geht weiter mit der Bildung und der Definition von standardisierten Kategorien. Wer seine grundsätzliche Haltung zur Energiewende in einem Punktesystem von 1-10 mit einem Wert von 4-6 ausdrückt, wird als „Indifferenter“ eingestuft. Dies würde einem bei einer entsprechenden Frage nach der Haltung beispielsweise zum Weizenbier nicht unbedingt einleuchten.

Um eine weitere Schwäche dieses Kategoriensystems zu erkennen, muss man genauer hinschauen. Die eher negativen Kategorien (neben den indifferenten auch die „Skeptiker“) umfassen jeweils 3 Werte der Zehnerskala; die eher zustimmenden Kategorien („Überzeugt“ und „positiv Gestimmte„) nur 2 Werte. So etwas kann Ergebnisse massiv beeinflussen! Im Übrigen stimmt die Verbalisierung innerhalb dieses Kategoriensystems nicht: Ein Überzeugter ist nicht der logische Widerpart des Skeptikers.

Eine der schwierigsten und anspruchsvollsten Aufgaben bei der Konstruktion von Fragebögen ist die Verwirklichung des Postulats, dass alle Fragen für die jeweils befragte Person passen müssen; dies wird in guten Designs durch ausgeklügelte Filter- und Verweissysteme realisiert. Man muss ja ausschließen, dass dem Hundehalter eine Frage vorgelegt wird, die nur beim Aquarienfreund sinnvoll ist. Im vorliegenden Zusammenhang müsste zum Beispiel strengstens darauf geachtet werden, dass Mieter oder Obdachlose keine Frage beantworten müssen, die nur für Eigentümer legitim ist. Im vorliegenden Fragebogen sollen sich jedoch alle zu der Frage äußern, ob sie planen, „einen Zwischenspeicher für mein Eigenheim zu kaufen„. Es ist nicht sehr verwunderlich, dass eine äußerst starke Mehrheit dies verneint. Im Übrigen ist keineswegs davon auszugehen, dass alle Befragten wissen, was ein Zwischenspeicher ist. Und von „planen“ sollte man nur reden, wenn eine halbwegs sichere Zweck- Mittel- Relation angenommen werden kann. Es ist daher nicht sinnvoll, in der heutigen Situation zu fragen, ob jemand „plane, ein Elektroauto zu kaufen.“ Eine riesige Mehrheit der Nein- Antworten sagt viel über das Erhebungsinstrument aus – weniger über die Präferenzen der Menschen.

In diesem knappen Statement konnte nur exemplarisch gezeigt werden, auf welch schwachen Füßen und dünnen Beinchen jede Aussage steht, die sich auf den so genannten „Meinungsmonitor“ stützt. Die Autoren der Untersuchung jedenfalls können nur zwischen zwei Attributen wählen: „hingehauen“ oder „bewusst manipulativ“.