Zur Vorbereitung unseres „Open Tables“ am 11. April auf den Berliner Energietagen richten Andreas Kühl und ich die Scheinwerfer auf Webvideos. In dem Lichtkegel werden zur  Energiewende nur sehr wenige Beispiele sichtbar, obwohl die Kommunikation mit Videos und über YouTube zeitgemäß wäre. Gerade für die Gebäude-Energiewende, die eine breite umsetzende Masse benötigt, würden sich Bewegtbilder in soziale Medien eignen.

Warum Web-Videos für die Energiewende?

YouTuber und Video-Blogger kommunizieren emotional, persönlich und dialogorientiert. Diese „drei Tugenden“ hatten wir bereits vor einem Jahr bei der Gesprächsrunde mit unseren Gästen am offenen Tisch identifiziert. In der Konzeption kommt es jedoch auf zusätzliche Aspekte an, damit es nicht nur gute Videos gibt, sondern auch der Absender als glaubwürdig wargenommen wird.

Andreas hatte die unterschiedlichen Web-Videoarten sowie Videobeispiele bereits auf energynet.de aufgezählt:

  • Virale Videos erreichen für kurze Zeit eine hohe Aufmerksamkeit und haben eine große Reichweite
  • Video-Blogs berichten regelmäßig zu bestimmten Themen
  • Erklär-Videos versuchen bestimmte Sachverhalte anschaulich zu zeigen
  • Nachrichten-Videos berichten von Messen, anderen Veranstaltungen oder Ereignissen
  • Dokumentationsfilme
  • Vorträge und Konferenzen
  • Live-Streams

Mir fehlen die YouTuber in der Liste. Diese sind gemeinsam mit Video-Blogs uns Bloggern am nächsten und haben eben gerade diese bedeutende Dialog-Zentrierung. Ich halte weniger vom Versuch virale Videos zu machen und halte viel mehr vom Aufbau von kontinuierlichen Kanälen und Videoblogs.

YouTube-Kanäle zur Energiewende

YouTube-Kanäle misst man mit Abonenntenzahlen. Auf Socialblade werden die deutsche YouTube-Rekorde sichtbar. Am Karfreitag 2016 hatte…

  • …der Gaming-Kanal „Gronkh“ hat 4.077.431 Abonennten.
  • …der Music-Kanal „Kontor.TV“ hat 3.281.788.379 Videoaufrufe.

Zur Energiewende gibt es kaum erfolgreichen Kanäle. Viele etablierte Akteure haben zwar einen Kanal eingerichtet, jedoch nur vereinzelte Videos gemacht. Relativ erfolgreich sind:

Senkrecht startende YouTuber

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LeFloid & Co bei der Re:publica von Netaction (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

Richtige YouTuber sind Personen die auf YouTube nicht nur einen Kanal betreiben, sondern auch selbst als Protagonist in ihren Videos auftreten. Die größten YouTuber haben Themen wie Gaming, Comedy, Musik oder Styling.

Mit Gesellschaftsthemen dürfte der Kanal von „LeFloid“ am erfolgreichsten sein. Karfreitag 2016 hatte der Student Florian Mundt 2.868.395 Abonennten.

Teilt man diese Zahl durch 1260, dann kommt man auf den Wert des erfolgreichsten Energiewende-Kanals. Im weitesten Sinne ist das „Leben mit der Energiewende“ von Frank Farenski ein YouTuber-Kanal. Er hatte heute 2.276 Abonennten und leidet unter dem Imageproblem seines Hauptsponsors.

Den größten Klimaschutz-Coup hatte das WWF gelandet.

Die britischen Doku- und Reise-YouTuber von JacksGap haben 4.224.063 Abonennten. Vor Paris wurde eine Reise zum Thema Klimaschutz mit Unterstützung des WWF als Video produziert. 748.575 Aufrufe des Videos „Our Changing Climate“ sprechen für sich.

Es ist also auch möglich zusammen mit etablierten YouTubern etwas auf die Beine zu stellen.

Als ich dazu Statements von LeFloid in einer Doku gesehen habe, fühlte ich mich stark an meine eigenen Präferenzen als Energieblogger erinnert:

„Das für mich Beste und wichtigste an YouTube ist totale Freiheit. Keiner redet mir irgendwo rein“

Auch erklärte LeFloid, dass es eben emotional ist und nicht die blanke Info:

„Nicht nur Info. Sondern, dass ich mir auch Mühe gebe mit meiner Art zu unterhalten.“

Die YouTuberin Joyce hebte in selbiger Doku den Dialogaspekt hervor:

„Mir war das von Anfang an total wichtig, dass Feedback von der Community aufzunehmen, mit denen auch zu interagieren. Ich glaube davon lebt sehr viel auf YouTube, dass die Zuschauer die Inhalte mitbestimmen können.“

Wo also bleiben die Energiewende-Videoblogger und YouTuber?

Die unerfolgreichen Videostatistiken zur Energiewende lassen drei Interpretationen zu.

  1. Es erscheint zu aufwändig.
  2. Das schauen sich nur Jugendliche an.
  3. Es wurde kaum systematisch und professionell gemacht.

Persönlich glaube ich an eine Mischung aus eins und drei. Der Aufwand ist hoch – jedoch nur noch ein Bruchteil dessen, was vor der digitalen Revolution nötig war. Für das einfache Video von der PV-Konferenz in Bad Staffelstein habe ich einen halben Tag gebraucht. Wer wirklich will, der kann sich das Videomachen aneignen und bereits mit einem Smartphone beginnen.

Zu Punkt zwei sollte man mal in die ARD-ZDF-Onlinestudie schauen. 53 % der deutschen schauen mindestens einmal wöchentlich Videos im Internet. Die unter 30-Jährigen schauen zu 86% am meisten Webvideos. Bei den 30 bis 59-Jährigen liegt der Wert bei 47%. Ab 60 Jahren ist es auch noch noch jeder vierte!

Relevanter als der Aufwand erscheint mir, dass zur Energiewende bis auf Frank Farenski niemand den Aufbau seines Videokanal systematisch und kontinuierlich angepackt hat. Im Grunde müsste jeder Energieblogger ebenfalls Videos machen und diese wie Bill Gates mit seinem geschriebenen Blog kombinieren. Das werde ich nun selbst auch tun: Einfach abonnieren und immer zum ersten des Monats ein neues Video schauen. Viele Speaker müssten sich neu erfinden und wie Prof. Quaschning ins Web 2.0 vordringen, wenn man denn will, dass die eigene Stimme gehört wird.

Wir freuen uns mit Ihnen dieses Thema in Berlin zu diskutieren.