Aktuell sollen Ausschreibungen für für Windenergie und Photovoltaik eingeführt werden. Schauen wir uns doch mal die Argumentationen an. Inmitten einer Diskussion ist es gut Abstand zu gewinnen. In der Draufsicht dann wirkt das Geschehen wie ein skurriler Zirkus. Kaum einer argumentiert unabhängig. Die verschiedenen Interessen sind andauernde Konflikte. Um dabei nicht auf jedes Scheinargument hereinzufallen, muss man zu einer Art Argumentations-Detektiv werden. Das eigentliche Interessengemenge beginnt man erst zu durchschauen, wenn es einem gelingt den Schein vom Sein zu unterscheiden. Täuschende Vorwände müssen enthüllt werden. Selbst muss gedacht werden.

Die wichtigste Frage lautet:

Wer sagt es?

Wenn die Fährte zum Absender aufgenommen wird muss die Interessenlage verstanden werden. Wovon könnte der Absender profitieren? Was würde ihn gefährden? Welche Abhängigkeiten bestehen? Welche Rolle hat der Absender? Mit den Antworten kann man versuchen zu verstehen, warum der Absender nur teilweise aufrichtig sein will. Die Rollen und Perspektiven der Absender sind meist berechenbar.

Beispielperspektiven in der Energiediskussion:

  • Kraftwerksbetreiber: Ein Kraftwerk rechnet sich über die Betriebszeit. Nach der Abschreibung der Investitionskosten kann besonders viel Ertrag erwirtschaftet werden. Kraftwerksbetreiber lieben aus ökonomischen Gründen lange Laufzeiten.
  • Mainstream Privatmenschen: Das Leben des Privatmenschen wird im Portemonnaie berührt. Deshalb konnte es die einseitig geführte Kostendiskussion um das EEG geben. Deshalb ist eine große Investition in ein Gebäude und darüber hinaus dann noch in hohe energetische Standards so schwierig. Darüber hinaus gibt es noch das „Gerede der Fliegenfänger“ in Medien. Ich glaube es ist vielen zu anstrengend über die mediale Scheindiskussion nachzudenken. An der Oberfläche haben so im Jahr 2014 beispielsweise 92 Prozent den verstärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien für „wichtig“ bis „außerordentlich wichtig“ gehalten. Wenn es dann in der eigenen Nachbarschaft konkret wird, dann bleiben 61 % Zustimmung. Deutlich kleiner ist der Anteil derer, die auch Geld in erneuerbare Energien und Energieeffizienz investieren.
  • Nachhaltig Progressive: Wir Weltverbesserer haben ein Problem. Gemessen an den zukunftsweisenden Varianten, wie die einer schnellen Energiewende mit 100 % erneuerbaren Energien, kann der Status Quo nur erschreckend schlecht sein. Wir müssen vorsichtig sein. Wenn aus dem Unterschied von Anspruch und Realität eine ständige Kritik erwächst, dann gehen wir Vordenker dem „normalen Menschen“ gehörig auf die Nerven. Damit aber untergraben wir die wichtige Intention, die Dinge hin zu mehr Nachhaltigkeit zu entwickeln.
  • Geschäftsleute: Im Geschäft muss mindestens die schwarze Zahl stehen, sodass man sich und seine Leute zahlen kann. Alles Andere erscheint da schon einmal unwichtig, wenn man doch immer so hart kämpft. Aus dieser Perspektive ist alles nachhaltig, solange man sein Geld verdienen kann. Schönreden ist der Standart. Wenn aber das eigene Geschäft beispielsweise durch höhere Umweltstandards berührt werden könnte beginnt ein anderes nerviges Jammerkonzert. Aussagen wie „Wir müssen abwandern“ oder „Arbeitsplätze sind gefährdet“ hört man ständig. Eine ernsthafte Diskussion über Nachhaltigkeitsfakten ist selten. Selbst die wirtschaftlich oft kluge Energieeffizienz wird als vermeintliche Zusatzbelastung ausgeblendet.
  • Politiker: Viele Politiker in Amt und Würden sind zu Erfüllungsgehilfen von Wirtschaftsinteressen verkommen. In einer Diskussion besteht die Aufgabe Akzeptanz für bestehende Pläne zu gewinnen. Leicht ist dies nicht. Wer auf dem politischen Drahtseil steht, der muss eine Balance aus dem Erhalt von Aufstiegsmöglichkeiten, dem Service an kapitalstarken Unterstützern und einem positiven Bild in der wählenden Bevölkerung halten.

Zurück zu den Ausschreibungen

Die Zielbeschreibung von Gabriels Ministerium ist schön formuliert.  Angeblich will man drei Ziele erreichen:

  1. Bessere Planbarkeit: Die Ausbaukorridore für erneuerbare Energien nach dem EEG 2014 sollen eingehalten werden. Durch die Ausschreibungen soll der zukünftige Ausbau effektiv gesteuert werden.

  2. Mehr Wettbewerb: Die Ausschreibungen sollen den Wettbewerb zwischen Anlagenbetreibern fördern – auf diese Weise werden die Kosten des Fördersystems gering gehalten. Das Grundprinzip hierbei: Erneuerbarer Strom soll nur in der Höhe vergütet werden, die für einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen erforderlich ist.

  3. Hohe Vielfalt: Von großen Firmen bis zu kleinen Genossenschaften – die Akteursvielfalt unter den Anlagenbetreibern soll erhalten bleiben. Denn gerade kleine und mittlere Unternehmen erweisen sich häufig als besonders innovativ.

Wie gelingt es kapitalstarken Akteuren
die Bundesregierung auf ihre Interessen einzuordnen?

Der Schein der besseren Planbarkeit bedeutet im wesentlichen, dass man die Kontrolle über das Ausbautempo übernimmt. Mit einer Einspeisevergütung hätte man von einem schnellen Ausbau überrollt werden können. Das wäre gut für den Klimaschutz und schlecht für Energiekonzerne.

Dem Wettbewerb wird ein Schein geringerer Förderkosten angedichtet. Das ist nicht der Fall. Darüber haben wir auch hier uns schon oft geäußert:

Der Schein einer hohen Vielfalt ist eine blanke Lüge, um den tatsächlichen Effekt zu verstecken. In Wahrheit findet eine Re-Zentralisierung statt. Mehr Wettbewerb bedeutet an dieser Stelle, dass nur große kapitalstarke Akteure mitbieten können. Ausschreibungen sollen die „feindliche Übernahme“ der Energiekonzerne durch viele kleine Akteure unterbinden. Festhalten muss man aber auch, dass die Anzahl ausreichend kapitalstarker Akteure > 4 ist. Vielfalt könnte auch 10 bedeuten. Mit Einspeisevergütungen gäbe es am Markt hunderte oder tausende Marktteilnehmer. Es besteht ein Interessenskonflikt um Marktanteile. Schon dargestellt ist die Angebotseinfalt bei Frank.

Ich verstehe nicht, wie es kapitalstarken Akteuren gelingt die Bundesregierung auf ihre Interessen einzuordnen.

Können Sie mir das sagen?