Wenn der Solarmarkt weltweit boomt und daheim schwächelt, dann müsste man sich doch global gut aufstellen und zugleich den hiesigen Markt reparieren. So könnte man hoffentlich noch die kostbaren Reste der einheimischen Solarbranche am Standort halten. Politisch kann dies nach den G7-Dekarbonisierungsansagen nur gewollt sein ;-). Wie könnte die Solarbranche konkret repariert werden? In München auf der Intersolar habe ich Antworten gesucht und gefunden.

Am Stand habe ich mit Christoph Podewils über die Re-Vitalisierung des europäischen Ausbaus der Photovoltaik gesprochen. Podewils leitet die Kommunikation des Think Tanks Agora Energiewende.

Strafzölle streichen

EU-StrassburgPodewils hat einen Punkt gefunden, mit dem Sonnenstrom schnell günstiger werden könnte. Etwa ein Cent pro Kilowattstunde kann aus der Abschaffung von Strafzöllen bzw. der Mindestpreise für chinesische PV-Produkte generiert werden. In diesem Punkt hatten alle Gesprächspartner die gleiche Meinung. Ich würde dann gleich noch die kluge Produzentenförderung der Chinesen auf Europa übertragen wollen – darüber aber haben wir nicht gesprochen.

Bei größeren Anlagen bis zu 100 kWp vermisst Podewils Strom-Vermarktungsmodelle. Für diese Anlagengröße ist es schwer, Direktvermarkter zu finden. Denn dazu müssten die Erzeugungsdaten in Echtzeit in geeichter Form vorliegen. Noch sind an dieser Stelle die Hürden zu hoch, so dass Direktvermarkter bislang keine Angebote für diese Anlagengröße machen. Hoffnung macht hier allerdings der Roll-Out der Smartmeter.

„Klar machen, dass sich PV lohnt“

Dies ist laut Podewils wichtig und trifft bei mir auf offene Ohren. Diese Nachricht gilt für Energieagenturen, Energieblogger, Klimaschutzmanager und alle die Anlagen verkaufen wollen.

Ich denke, dass alle, die nicht vom Kauf direkt profitieren besonders geeignet sind, um diese Botschaften glaubwürdig zu transportieren. Indirekt dient dies dann auch der strapazierten Solar-Branche. Für solche Kommunikation im breitenwirksamen Stile allerdings wären Mittel nötig, die beispielsweise das BMWi in einer Public-Private Partnership mit Unternehmen bereitstellen könnte. Es ist beim potentiellen Solaranlagenbetreiber durch die ständigen Reformen und Verkomplizierungen viel Verwirrung hinterlassen worden, die man nun ausbügeln müsste. Dieses Problem hat der rhetorisch starke Sigmar Gabriel in seinem Kurzvortrag eingeräumt.

Praktische Erfahrungen der Energistos in UK

UK-PVErfrischend war der Besuch am Stand der ENERGISTO Energiegenossenschaft. Bei dem Unternehmen darf es menscheln und Spaß machen. Nach Gründung der Genossenschaft zog es die Energistos erneut in das romantische Cornwall. Von Landbesitzer zu Landbesitzer und Tee zu Tee ging es darum, dass man vor Ort Pachtverträge abschließen muss, um bauen zu können. An diesen Klinken putzen meist mehrere Interessenten. Dementsprechend überzeugen nicht nur Pachtpreise, sondern auch die Chemie zwischen Besucher und Gastgeber. In U.K. spielt das Landschaftsbild eine wichtige Rolle: Mittels einer 3-D Simulation und Bildmontage kann da manche Sorge ausgeräumt werden. Gut ist es auch, wenn zwischen den Modulen Schaafe weiden können.

Ist der Landbesitzer erst einmal überzeugt und die Familiengeschichte bekannt, geht es beim Gemeinderat weiter. So wie ich es auch aus Göttingen kenne, muss, bei Adam begonnen, das ganze Vorhaben erklärt werden. Über einen „Community-Benefit“, wie eine gesponsorte Solaranlage auf der Schule, kann für lokale Akzeptanz geworben werden. Die lokale Zustimmung kann dann beim entscheidenden „Planning-Officer“ eine ausschlaggebende Rolle spielen.

Administrative Hemmnisse in Europa abbauen

BSWSolarprominenten Besuch gab es am Stand der ENERGISTO durch den Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW). Als Unterstützung für die Expansion in das Ausland organisiert der BSW-Austauschprogramme, die sicherlich dem Kontaktaufbau und der interkulturellen Kompetenz dienlich sind. Einheimisch-verwurzelte und verlässliche Partner dürften bei jedem Markteintritt eine ausschlaggebende Rolle spielen. Für den europäischen Markt identifiziert der BSW im Projekt PV LEGAL administrative Hemmnisse bei der Planung und Installation von Photovoltaik-Anlagen und will diese abbauen.

Global die Marke „Energiewende Made in Germany“ etablieren

Im Marketing vermisst Joachim Goldbeck einen starken internationalen Markenaufbau für unsere Energiewende. Wir könnten so gut für die deutsche Ingenieurskunst und Qualität unserer Energiewende werben. Es ist doch ungeschickt eine innovative Energiewende erst finanziell anzuschieben und danach die Exportchancen zu verschenken.

Wie funktioniert die Internationalisierung?

Je schwächer der europäische Markt ist, desto besser müssen sich Solarunternehmen international aufstellen. Wie macht man das eigentlich? Darüber habe ich mit der Bad Staffelsteiner Aktiengesellschaft IBC Solar gesprochen. Das 1982 gegründete Unternehmen entwickelt unter anderem Projekte. Es organisiert also den gesamten Weg bis hin zu einer fertigen Solaranlage. Die IBC Pressereferentin Iris Meyer erklärte mir den Ablauf.

Der Markteintritt in Projektmärkte dauert nach ihrer Erfahrung 2-3 Jahre und läuft idealtypisch so ab:

  1. Es werden Kernmärkte (Länder) ausgewählt, in denen Analysten gute Entwicklungschancen prognostizieren. Die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen sind dabei ebenso wichtig wie die infrastrukturellen Potentiale.
  2. Zum Markteintritt kooperiert man mit regionalen Projektentwicklern oder anderen Unternehmen aus dem PV-Bereich. Wenn das Unternehmen selbst Projekte entwickeln und finanzieren will, dann erwirbt das Unternehmen Projektrechte. Darin ist bereits die technische Planung und Genehmigung für den Bau von PV-Parks enthalten. Diese verkaufen Projektrechte.
  3. Besitzt das Unternehmen die Projektrechte, ist ein schneller Bau der Anlagen das Ziel. Der Bau wird von Deutschland aus organisiert. Vor Ort arbeitet man mit Subunternehmern zusammen.
  4. Die schlüsselfertigen Anlagen dann werden an private und institutionelle Investoren verkauft, die dann am Betrieb verdienen.

Für andere Firmentypen ist die Internationalisierung ein anderes Abenteuer. Im ersten Schritt aber ist es für alle Solarfirmen gleich: Man muss wissen, welche Märkte in 2-3 Jahren boomen werden. Beim Export unterstützt das BMWi mit der Exportinitiative Erneuerbare Energien. Wer gerne reist und eine gesunde Portion Offenheit und Know-how im Gepäck hat, der dürfte in der Solarbranche eine gute Perspektive haben.