Im Berliner Ministerium des CSU-Politikers Alexander Dobrindt wird an einer Reform des Luftverkehrs getüftelt. Gestern schafften es zu diesem Thema Umweltschützer in die Nachrichten.  Mit einem guten Timing haben Verbände wie der BUND, Robin Wood & Co. ein alternatives Luftverkehrs-Konzept vorgelegt. Die Frage: Wie berücksichtigt man Klimaschutz im Luftverkehr? Daran hatte offenbar im BVMI in der Invalidenstraße noch niemand so richtig gedacht. Die Mobilität ist noch nicht in der Debatte um die Energiewende angekommen. Um so lieber stelle ich es hier in SUSTAINMENT´s Blog kurz vor.

Beginnen wir an der eigenen Nase. Zu oft habe ich auf Konferenzen zu erneuerbaren Energien im SmaIl talk von einer Anreise mit dem Flugzeug gehört. Bedenklich, wenn wir eines unserer wichtigsten Ziele der Klimaschutz ist. Auf Fernreisen bin ich auch nicht besser. Immerhin aber sitze ich bei Fahrten innerhalb Deutschlands und in die Nachbarstaaten entspannt in der Bahn. Ich liebe es mit meinem Laptop ungestört zu arbeiten und dabei Kaffee zu schlürfen. Dies ist für die Produktivität kostbar und bedarf einer Sitzplatzreservierung. Meist funktioniert sogar der Internet-Hotspot ;o). Die Verspätungen aber müssen einkalkuliert werden und die Bahn muss wieder pünktlich werden. Was aber wären die Klimaschutz-Hausaufgaben für die Reform des Luftverkehrs?

Dobrind will mehr Luftverkehr

Dies sagen jedenfalls die Umweltverbände und beharren auf der Realisierung der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung und der Umsetzung der eigenen Klimaschutzziele. Der Grund dafür ist einfach: Mindestens 5% der menschengemachten globalen Erwärmung kommen aus dem Luftverkehr. Da kann man nicht pauschal für mehr sein. Es braucht eine mehrgleisige Strategie, die mehr als das Mantra „Wachstum“ bedenkt. Auch der Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) will Wachstum. Ist ja klar, die leben ja davon. Entsprechend wird das NGO-Konzept wenig überraschend als „nicht tragfähig“ bezeichnet.

Verursacher zahlen nicht für Abgase

Grauenvoll sperrig formuliert ist der folgende Satz der Konzeptzusammenfassung der Umweltverbände:

Eine Politik für eine Internalisierung externer Effekte, gegen Dumping und für die Sicherung auskömmlicher Löhne und guter Arbeitsverhältnisse ist vordringlich. Ohne Maßnahmen für einen fairen Wettbewerb beschleunigt sich der „Wettlauf nach unten“ (Race to the Bottom) und Wohlfahrtseinbußen sind unvermeidlich.

Was will man sagen? Verursacher sollten für Folgen zahlen (Internalisierung externer Effekte). Fliegen darf nicht zu billig sein, da dies auf Kosten des Personals gestemmt wird. Wenn man nichts macht, dann verschärften sich diese beiden Probleme. Konsequenz: Fliegen muss teurer werden. Dies ist ein politisch schwer durchsetzbares Eisen. Trittin hatte sich böse blaue Augen geholt, als er Benzin verteuern wollte. Nachhaltig ist es natürlich auch, auf faire Bedingungen für Angestellte zu pochen. Also ist es wohl doch richtig, diese Botschaft durch die Blume zu sagen.

Open-Skies-Abkommen gegen Dumping nutzen

Die Umweltverbände verweisen auf Chancen im Rahmen des „Open-Skies-Abkommens“ und der Vergabe von Verkehrsrechten, durch diese man das Dumping stoppen könne. Dazu vermag ich wenig zu sagen – ein Wochenende an der Ostsee oder im Harz ist auch schön ;o).

20 x mehr CO2 mit von Flug statt der Bahn

Die NGO´s haben folgende Fakten aufgezählt. Pro Nase verursachen in Deutschland 100 km:

  • 200 g CO2/Pkm mit dem Flugzeug
  • 11 g CO2/km mit der Bahn

Auch die weißen Streifen am Himmel schaden dem Klima in hohen Luftschichten mehr als am Boden. Der Vorteil der Bahn wird in Zukunft noch größer. Anerkannt werden Effizienzfortschritte im innerdeutschen Flugverkehr durch größerer Flugzeuge.

Statt „Flughafenwildwuchs“ auf die wirtschaftlich tragfähigen beschränken

Die Autoren kritisieren der „Flughafenwildwuchs“ der letzten Jahrzehnte und damit die Subventionierung. (Die unglücklich reißerische Wortwahl erinnert mich unangenehm an den angeblichen Wildwuchs erneuerbarer Energien.) Insbesondere Regionalflughäfen wie Kassel-Calden sind ein Dorn im Auge. Man sollte sich auf die sechs mit Gewinnen arbeitenden Flughäfen beschränken. An diesen werden eh bereit 85 Prozent des Flugverkehrs abgewickelt.

150.000 Flüge auf die Schiene verlagern

Fast 150.000 innerdeutsche und grenzüberschreitende Flüge könnten sofort, 200.000 mittelfristig, auf die Schiene verlagert werden.

Viele Flugziele können sehr gut per ICE, TGV, Thalys etc. in weniger als vier Stunden erreicht werden. Dafür müsste nicht in zusätzliche in die Infrastruktur oder zusätzliche Züge investiert werden. Über „Airrail-Plus“-System könne die Gepäcklogistik bequemer mit den nötigen Drehkreuzflughäfen entwickelt werden.

Klimaabgabe auf CO2-Äquivalente statt Carbon Neutral Growth

Die internationale zivilen Luftverkehrsorganisation (ICAO) versucht mit dem Konzept des Carbon Neutral Growth das 2°C Klimaziel einzuhalten. Die NGO´s befinden dies für ungeeignet und schlagen deshalb global eine Klimaabgabe auf CO2-Äquivalente (CO2e) vor. Damit würden „externer Effekte“ internalisiert werden. Konkret sollte diese Klimaabgabe 10 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2 kosten und bis 2030 auf 80 Euro steigen. Alle müssten dann also für die selbst verursachten Emissionen etwas zahlen. Mit dem Geld könnte dann ein Ausgleich geschaffen werden. Damit schließt sich der Kreis und wir sind wieder bei der Investition in erneuerbare Energie und andere Klimaschutzprojekte.