Eine Woche in China! Im Lande des großen Vorsitzenden Mao war meine Aufmerksamkeit wie immer auf Energiefragen fixiert. Ich bin nur ein kleiner Vorsitzender. Ich will ihnen erzählen wie ich das Land der Mitte erlebt habe. Ich war dort, um Solarfabriken von innen zu sehen, und um dort Videos zu drehen.

Der Smog ist real

Dort in den Städten um Shanghai gibt es über 300 km Industriegebiet. Ein Holländer erzählte davon, dass man bei Inlandsflügen über der Industrie selten den Boden sehen kann. Auch über der Solarfabrik sieht man jenen Dunst, der im hypermodernen Shanghai gerne einmal die Statussymbole verhüllt. In diesem Prunkpunkt gibt die Natur ein sehr ehrliches Feedback. Zu Beginn fühlte sich meine Lunge in dieser Stadt unangenehm an. Schnell aber gewöhnt man sich an den Verlust. Der miserable Zustand ist nicht nur Folge der übermäßigen Kohleverstromung, sondern auch einer veralteten Landwirtschaft. Durch die traditionelle Verbrennung des Grünzeugs erhalten und die Bauern einen Mineraldünger. Den könnten diese auch nach einem Gärprozess in Biogasanlagen in Form von Gärresten erhalten. Gas nehme man in China zum Kochen und nicht zum heizen, so wurde mir berichtet.

Kohle

Auch haben mir meine Reisegefährten von unzähligen Kohlezügen erzählt und Witze darüber gemacht, dass ich jene Monster gerne sprengen würde. In Wahrheit will ich, dass diese planvoll und Schritt für Schritt in einem ehrgeizigen Tempo abgeschaltet werden. China verbrennt derzeit so viel Kohle wie der Rest der Welt zusammen.

Heise berichtet von Fortschritten:

Einem Greenpeace-Bericht zufolge ist in China der Verbrauch an Steinkohle innerhalb der ersten vier Monate des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um acht Prozent gefallen. Hält dieser Trend bis Jahresende an, wäre das „die größte verzeichnete Reduzierung im Jahresvergleich in der Steinkohlenutzung und beim CO2-Ausstoß unter allen Ländern“, heißt es in dem Bericht, der in der aktuellen Ausgabe der Technology Review

Mir kreist die Vorstellung eines Verfallsdatums für Kohlekraftwerke durch den Kopf, dass durch ein Neubauverbot klimawirksam ist. In 2009 waren übrigens die größten Förderländer für Braunkohle Deutschland mit 169,9 Millionen Tonnen vor China mit 120,0.

In der Solarfabrik

Die beiden Werke hatten einen Altersunterschied von 10 Jahren. Nach nur 1,5 Jahren muss sich die Investition amortisiert haben, da sich die Technik so bahnbrechend schnell entwickelt. Wer will, der kann Solarmodule mit hohen Qualitäts-Standards einkaufen. Den Prozess und die Qualitätskontrollen von der Picke auf zu sehen, ist höchst interessant gewesen. Warum hat man uns im Studium der „erneuerbaren Energien“ nicht eine solche Fabrik gezeigt? Wie auch immer. Wer gute Wahre haben will, der muss auch die Logistikkette kontrollieren. Die Arbeiter sind alle über 18 und arbeiten 40 Stunden pro Woche. Im Sektor der Hightech-Produktion treffen die alten Vorurteile nicht zu. Im Textilbereich mag dies anders sein.

Anti-Dumping ist ein gutes Geschäftsmodell für Chinesen

Mein gleichaltriger Kollege hatte einst selbst eine Solarfabrik aufgebaut. Heute arbeitet Tony im Qualitätsmanagement. Auf meine Frage zum Anti-Dumping der EU berichtete er mir davon, dass man mit einer Sicherheit bei mehreren Banken Kredite erhalten kann. Warum? Die Regierung bürgt. Europäische und amerikanische Regierungen könnten das Gleiche tun.

Was man sich weniger vorstellen kann ist, dass die Solarfirmen von der „Bestrafung“ profitieren: Als man früher noch 40 % in die EU exportierte, da hatte man teilweise eine negative Marge. Man hat also mit jedem Verkauf Geld verschenkt. Heute werden nur noch 20 % der chinesischen Solarprodukte nach Europa verkauft. Diese aber sind durch eine garantierte Marge die neuen Cashcows der Unternehmen. Dem chinesischen Staat spült es jedoch weniger Euros in die Kassen. Jedoch kommt dieser mit einem stark wachsendem Inlandsmarkt beim Photovoltaik-Ausbau voran.

Ich bin kein großer Fan des Anti-Dumping. Bei der Intersolar wurde klar, dass ich damit nicht allein bin. Von Anfang an fand ich die Idee blöd. Meiner Meinung nach hätte man in Deutschland seine PV-Industrie ähnlich stärken können, statt 60.000 Arbeitsplätze zu vernichten. Welch beschissene Industriepolitik! Erst finanzieren wir den Durchbruch der Solartechnologie und ziehen uns anschließend aus dem Markt selbst heraus. Ich hätte weniger weit reisen müssen, wenn denn die Bundesregierung in diesem Punkt nicht total versagt hätte.

Mobilitätswende

Wussten Sie, dass beispielsweise alle Roller in Shanghai elektrisch betrieben werden? Daheim müht man sich in einer sogenannten „Metropolregion“ mit einem „Schaufenster“ ab. Vielleicht bringt „Dieselgate“ endlich Bewegung in die Verkehrswende.

In den bezahlbaren U-Bahnen werden die Plastiktickets mehrfach verwendet.

Inlandsreisen sind mit der Bahn bei durchschnittlich 300 km/h Reisegeschwindigkeit in einem pünktlichen ankommenden Zug möglich. Die „gemasterten“ Toiletten erinnern stark an den ICE. So nennt man das, wenn es unterschiedliche Vorstellung zur Wirksamkeit von Patenten gibt. Das Fahrgestell erinnert mehr den französischen TGV. Von außen sehen manche wie ein ICE3 aus und andere wie der japanische Shinkansen. Alle betroffenen sind sauer, da Malaysia nun seine Schnellzüge im Reich der Mitte bestellt hat. Den Verkauf hat der Premierminister selbst eingefädelt.

Wann beginnen wir in Europa hohe Schnellzugstrecken auf Stelzen zu bauen und unsere Metropole in dieser Weise zu verknüpfen? Den Flugverkehr zu minimieren ist gut und bietet deutlich mehr Reisekomfort. Dazu gibt es auch für Deutschland bereits Luftverkehrs-Konzepte.

Sicherheit

Ungewohnt und unangenehm ist der Verzicht auf Facebook, Twitter und Google. Jede außerchinesische Internetseite lädt langsam. Für digital natives, Webdesigner und Social-Media-Pros ist dies ein graus.

Oberflächlich gesehen ist die Präsenz von Polizeibeamten stark. Die schwarzen Wagen und Jacken schüchtern ein. Blaulicht gibt es nicht nur an den Uniformen, sondern auch an den vielen kleinen quadratischen Polizeibussen, die an Straßen fest stationiert sind. Ich will nicht wissen, was mit der darin installierten Technik überwacht werden kann.

Wie sehen Deutsche China?

Vor dem Abflug erlitt ich zunächst verbale Prügel mit der Moralkeule deutscher Klimaschutz-Kollegen. Andere packten ihre Vorurteile aus. Der große westliche Schmähgesang ist blind. Es scheint fast so, als wäre die vorwurfsvolle Arie geostrategisch gewollt und politisch Korrekt – wenig Zeitgemäß. In einer durch aggressive Nationen dominierten Welt tut Vielfalt im weltlichen Machtgefüge grundsätzlich gut.

Das China in unseren Köpfen unterscheidet sich deutlich von dem erlebten. Ich habe noch nie ein so modernes Land gesehen. In unserer Heimat herrscht jedoch noch immer eine würdelose Doppelmoral. Wenn China wirklich ausschließlich eine rücksichtslose Diktatur mit unmenschlichen Arbeitsbedingungen wäre, wieso akzeptieren wir dann den boomenden Technik-Export nach China? Wenn mit deutscher Technik und billigem Lohn Produkte für deutsche Konsumenten gefertigt werden: Wieso kaufen wir diese dann? Weil wir wenig Alternativen finden, oder weil wir selbst indirekt von den billigeren Produktpreisen profitieren wollen? Eine konsequente Doktrin würde nachhaltige Produkte aus Upcycling, regionaler Herstellung mit langlebiger Qualität und angemessenen Preis bevorzugen. Wer aber kauft denn wirklich weniger Wahren für sein gleiches Geld?­­­

Fazit

Natürlich ist China spannend. Ebenso fände ich Produktionsstätten in Cottbus, Lateinamerika oder Afrika spannend. Mein Job dort war ja das Video zu machen. Dies ist eine Riesenfreude, weil in diesem Medium die Kreativität viel Raum zum spielen hat.